Die Frauenbewegungen des 20. und 21. Jahrhunderts haben ihren Ausgangspunkt in der Benachteiligung von Frauen und den patriarchalen Strukturen, die in unserer Gesellschaft seit vielen Jahrhunderten und bis heute andauern. Sie finden Ausdruck zum Beispiel in den Protesten der Suffragetten, die für das Wahlrecht von Frauen gekämpft haben, und auch in den Ideen von weiblichen Intellektuellen wie Simone de Beauvoir und feministischen (politischen) Gruppierungen, die sich für Gleichstellung, Gleichberechtigung, eine freiheitliche Selbstbestimmung über den eigenen Körper und die selbstbestimmte Sexualität von Frauen eingesetzt haben. In der Geschichte der Frauenbewegungen gab es immer schon diverse und auch miteinander im Konflikt stehende Strömungen – etwa arbeitende und bürgerliche, weiße und schwarze, religiöse und säkulare Feministinnen –, obgleich sie alle die gleichen Ziele einten: für die Gleichheit der Geschlechter einzutreten, Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern zu fordern und patriarchale Strukturen zu bekämpfen.
Die Erfahrung von Diskriminierung, Benachteiligung und Exklusion durch patriarchale und heteronormative Gesellschaftsordnungen bildet auch den Ursprung der Anliegen und Proteste der LGBTQI-Community1, die für sich heute oftmals die gemeinsame Selbstbezeichnung „queer“ wählt. Der Begriff entstammt aus dem englischen Sprachraum und hatte früher eine abwertende Konnotation. Als „queer“ wurden insbesondere schwule Männer beschimpft. Das Wort wird heute als eine positive Selbstbezeichnung verwendet und stellt somit einen emanzipatorischen Akt der Aneignung dar. Menschen, die sich als queer bezeichnen, sehen ihre Identität als außerhalb der gesellschaftlichen Norm an, d.h. dass sie nicht in die romantischen, sexuellen und/oder geschlechtlichen Normen der Gesellschaft passen2. In einem abstrakteren Verständnis bedeutet das Adjektiv queer somit auch, jede Form des Schubladendenkens aufzubrechen. Ein Feminismus, der sich für queere Positionen öffnet und sich als Queerfeminismus versteht, verabschiedet sich demnach von dichotomen Kategorisierungen3, d.h. von einem binären und essentialistischen Geschlechterverständnis.
Wir in der LAG Frauenpolitik vertreten ein inklusives Feminismus-Verständnis. Diversität ist ein wichtiger Mehrwert für unsere Gesellschaft. Wir möchten nicht, dass sich durch unseren Aktivismus Personen oder Gruppen an den Rand gedrängt, diskriminiert oder nicht akzeptiert fühlen. Wir möchten niemandem Steine in den Weg legen, denn wir haben alle das gleiche Ziel: Gerechtigkeit zwischen allen Geschlechtern und die Abkehr von patriarchalen Strukturen. Sämtliche weiblich gelesene Menschen in unserer Gesellschaft vereinen individuelle Diskriminierungserfahrungen. Und es ist eine logische Konsequenz, unsere Kräfte zu bündeln. Weil es immer wieder infrage gestellt wird, liegt es uns von der Landesarbeitsgemeinschaft Frauenpolitik am Herzen uns mit dieser Stellungnahme klar zu positionieren: trans Frauen sind Frauen!
In diesem Sinne wollen wir die Zusammenarbeit der LAG Frauenpolitik mit der LAG Queer-Grün dahingehend verstärken, dass wir Themen identifizieren, die die Arbeit in beiden Gruppen gleichsam berühren, und gemeinsam bearbeiten. Dabei sehen wir insbesondere bei der Durchführung von Veranstaltungen und Aktionstagen die Möglichkeit, Synergieeffekte zu nutzen. Gemeinsame Themen könnten beispielsweise sein: Marginalisierung, Diskriminierung, sexuelle Selbstbestimmung, gendergerechte Sprache, Familienpolitik, sexualisierte bzw. genderbezogene Gewalt, Sexarbeit, Gender-Pay-Gap, politische Partizipation etc. Die Vertreter*innen der LAGen sollten sich über sinnvolle Berührungspunkte verständigen. Um der Zusammenarbeit einen geeigneten Rahmen zu geben, soll angehängt an die LAG Frauenpolitik eine Arbeitsgemeinschaft gegründet werden. Die AG schafft einen Raum, in dem ein bedarfsorientierter Austausch zu queerfeministischen Themen stattfindet und hierbei allen Interessierten offensteht. Die Schutzraumfunktion der LAG als Dachstruktur bleibt dabei intakt.
Keinesfalls ist es in unserem Sinne, eine Verwässerung der Kernthemen in den jeweiligen LAGen anzustreben, sondern – ganz im Gegenteil – es sollen gemeinsame Ziele herausgearbeitet und Kräfte gebündelt werden.
Quellenverweise:
1 Lesbian, Gay, Bi, Trans, Queer, Intersex (dt.: lesbisch, schwul, bisexuell, trans, queer und intersexuell)