Positionspapier LAG Energie Offshore Wind

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Die hier dargestellte Position ist der Arbeitsstand der Arbeitsgemeinschaft, den wir zur weiteren Diskussion veröffentlichen, aber kein Beschluss von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Landesverband Hamburg.

Die Offshore-Windenergie ist ein zentraler Baustein für die Energiewende in Deutschland und Europa. In 2024 lag der durch Offshore Windenergie am deutschen Strommix erzielte Anteil bereits bei 6,0% der Gesamtproduktion von 431,7 TWh erzeugten Stroms1. Dabei beträgt die aktuell installierte Leistung in der deutschen Nord- und Ostsee zurzeit 9.2 GW. Deutschland verfolgt ambitionierte Ausbauziele mit 30 GW installierter Leistung bis 2030, 40 GW bis 2035 (Grundlage Flächenentwicklungsplan BSH2) und langfristig bis 70 GW in 20453.

Die EU Kommission unterstützt den Ausbau der Onshore- und Offshore-Windenergie und hat dazu bereits im Oktober 2023 mit dem “Wind Power Package” Maßnahmen aufgezeigt, um den Ausbau zu unterstützen und zu beschleunigen.4

Zudem bietet die Offshore-Windenergie nicht nur enormes Potenzial für klimaneutrale Stromerzeugung, sondern auch für wirtschaftliche Wertschöpfung, industrielle Innovation und regionale Entwicklung – insbesondere in den norddeutschen Küsten-Bundesländern. Dabei ist Hamburg ein zentraler Knotenpunkt der deutschen und europäischen Offshore-Windindustrie. Zahlreiche Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette befinden sich mit einer Niederlassung in der Hansestadt, u.a. Siemens Gamesa Renewable Energy, Vestas, Orsted, RWE Renewables, EnBW Offshore und DEME. Auch die weltweit führende Fachmesse WindEnergy findet alle 2 Jahre in Hamburg statt und von den 1.500 ausstellenden Unternehmen sind ca. 40% im Bereich Offshore-Wind aktiv.5 So ist es auch kein Zufall, dass der Austragungsort für das nächste North Sea Summit im Januar 2026 in Hamburg stattfindet, bei dem Vertreter*innen aus 9 europäischen Regierungen vertreten sein werden, um über die Erreichung europäischer Offshore Wind Ausbauziele und hybrider Offshore Projekte in Verbindung mit Wasserstoff zu beraten.6

Eine Stärkung der Offshore Wind Branche hätte unmittelbar auch positive Auswirkungen auf den Standort Hamburg durch die Sicherung und Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze in Technik, Planung, Forschung und Verwaltung sowie die Stärkung Hamburgs als Innovationsstandort. Darüber hinaus unterstützt die Offshore-Wind-Branche die regionale Wertschöpfung im gesamten Nord- und Ostseeraum und den angrenzenden Bundesländern in eher strukturschwachen Regionen. Dazu gehören beispielsweise Produktionsstandorte für die Offshore-Windturbinen (Siemens Gamesa in Cuxhaven) und Fundamente (Steelwind in Nordenham) sowie Logistik- und Betriebsstandorte in Emden, Bremerhaven, Norddeich, Leer oder auf Helgoland.

Trotz ambitionierter Ausbauziele hat die Branche mit mehreren Herausforderungen zu kämpfen, die den zukünftigen Ausbau unsicherer werden lassen und somit die Klimaziele sowie die Wertschöpfung inkl. Arbeitsplätze gefährden. Dazu zählen erhöhte Projektkosten, u.a. durch in den vergangenen Jahren stark gestiegene Rohmaterialpreise (insbesondere Stahl und Kupfer). Die Rohstoffpreise sowie teilweise begrenzte Kapazitäten im Markt ließen folglich die Komponentenpreise (bspw. Fundamente, Übertragungs-Equipment wie Transformatoren, Tagesraten für die Installationsschiffe) teils verdoppeln. Zusätzlich führen die in den vergangenen Jahren gestiegenen Zinsen in den äußerst kapitalintensiven Projekten zu deutlich höheren Kapitalkosten. Auch die insbesondere seit 2020 gestiegene Inflation setzte die Wirtschaftlichkeit der Offshore Wind Projekte zusätzlich unter Druck. Des weiteren sind die Projektentwickler durch die lange Projektlaufzeit zwischen Auktion und Netzanschluss, die bis zu 8 Jahre betragen kann7, einem hohen finanziellen Risiko ausgesetzt.

Neben den projektspezifischen Faktoren birgt das aktuelle Marktumfeld für Projektentwickler- und Betreiber Herausforderungen. So steigt der Strombedarf langsamer als erwartet (bspw. durch Verspätung des Wasserstoff-Hochlaufs, verlangsamten Ausbau von Wärmepumpen und E-Autos)8 und erhöht damit die Unsicherheiten bzgl. des zukünftigen Strombedarfs und folglich der Strompreisentwicklung. Dies reduziert die Planbarkeit bei den Erlöspotenzialen auf Seiten der Betreiber. Zudem verzögern sich teilweise Netzanschlussprojekte und führen dazu, dass gebaute Offshore Windparks nur mit Verzögerung an das Netz angeschlossen werden können.9

Eine weitere Herausforderung ist ein potenzieller Eintritt chinesischer Hersteller für Windturbinen in den europäischen Offshore-Markt, die dank “chinesischer Staats-Subventionen”10 große Fortschritte in der Windturbinenentwicklung machen und in den europäischen Markt einzudringen versuchen.11

Die Herausforderungen führen zu einer unsicheren Marktlage, die sich u.a. in sinkenden Erlösen aus den Offshore-Auktionen (bspw. für nicht voruntersuchte Flächen von €1,8m/MW in 202312 auf €0,18m/MW im Juni 202513) widerspiegelt. Bei der Ausschreibung im Juni 2025 haben lediglich noch zwei Bieter Gebote abgegeben.14 Für die Auktion für zentral voruntersuchte Flächen im August 2025 gab es dann gar kein Interesse von Projektentwicklern, so dass kein Gebot eingereicht wurde. Diese Auktion wird damit voraussichtlich in das kommende Jahr verschoben.15

Um die Herausforderungen der aktuellen Marktlage zu adressieren und eine Wiederholung der Ergebnisse aus der August-Auktion zu vermeiden, muss ein verlässlicher Rahmen für den Ausbau der Offshore-Windenergie geschaffen werden. Dies würde einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten sowie den Ausbau heimischer (Industrie-) Arbeitsplätze und Wertschöpfung fördern. Daher schlagen wir folgende Maßnahmen vor.

1 Quelle: Bundesnetzagentur

2 Quelle: EU Kommission Wind Power Action Plan

3 Quelle: WindEnergyHamburg

4 Quelle: dena

5 Quelle: Pressemitteilung Bundesnetzagentur

6 Quelle: Artikel IHK Südlicher Oberrhein

7 Quelle: Bericht Energiewinde

8 BSH: Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie

9 Quelle: Interview in der FR mit BWE Präsidentin Bärbel Heidebroek

10 Quelle: Pressemitteilung Stiftung Offshore Windenergie

11 Quelle: Pressemitteilung Bundesverband Windenergie Offshore e.V.

12 Quelle: Pressemitteilung bdew

13 Quelle: Artikel ErneuerbareEnergien.de

14 Quelle: Flächenentwicklungsplan 2025 des BSH

15 Quelle: BMWK; WindSee-Gesetz §1 Absatz 2