Positionspapier Landesarbeitsgemeinschaft Natur und Umwelt: Forderungen Grüne Magistralen und Stadträume

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Hamburg setzt auf eine flächenschonende und nachhaltige Stadtentwicklung, die gemäß dem Ziel „Mehr Stadt in der Stadt“ die urbanen Vorteile Hamburgs stärkt und eine hohe Lebensqualität bietet. Wir sind eine grüne Stadt. Das gilt es so naturnah wie möglich zu schützen und zu stärken. Um dem Artenverlust entgegen zu wirken und die Biodiversität in der Stadt zu fördern, werden vorwiegend heimische Bäume, Gehölze und Stauden gepflanzt und heimisches Saatgut verwendet.

Städte sind Wärmeinseln, sie speichern die sommerliche Hitze. So zeigt eine Studie aus 20231, dass in keiner anderen europäischen Hauptstadt so viele Menschen bei Hitze sterben wie in Paris. Für Klimaforscher und Verkehrsexperten ist der Umbau der Stadt daher alternativlos. Viele Straßen sind Hitzehotspots, weil sie nur dem Autoverkehr dienen. Straßen mit breiten, schattigen Rad- und Gehwegen, Grünflächen und Sitzgelegenheiten dagegen sind Aufenthaltsräume für alle.

Ein gesunder Baum kühlt durch Verdunstung seine Umgebung um bis zu fünf Grad. Das bringt Erleichterung an heißen Tagen. Paris will deshalb zwischen 2020 und 2026 170.000 Bäume pflanzen, um die Temperatur zu senken und die Luftverschmutzung zu reduzieren. Woran viele andere scheitern, wird in Paris Wirklichkeit2.

Die Erkenntnisse aus Paris sind auch für die Planung der Magistralen in Hamburg wertvoll.

Straßenbäume

Vorhandene Straßenbaumstrukturen, Alleen und alte Bäume müssen erhalten, Lücken ergänzt werden.

Durchgehende Straßenbaumreihen auf beiden Seiten der Magistralen neben dem Fußweg sind optimal. Alleen von Straßenbäumen in der Mitte, also zwischen den Fahrbahnen, sind besser als keine Straßenbäume.

Bäume in Gruppen erhöhen die positiven Effekte wie Kühlung, Schatten, Filterung von Feinstaub und Produktion von Frischluft. Sie sind Lebensraum für Insekten und Vögel und erhöhen auch die Aufenthaltsqualität für uns Menschen. Deshalb fordern wir auch für die Plätze an den Magistralen Bäume.

Die Grünverbindungen wie im Grünen Ring müssen erhalten bleiben und dürfen nicht zerschnitten werden.

Noch mehr Grün für die Magistralen

Jede Grünfläche, ist sie noch so klein, hat einen Mehrwert für Mensch und Stadtnatur.

Gründächer und Fassadengrün
Diese Form der Begrünung bietet die Möglichkeit, mit keinem oder nur wenig Raumanspruch an den ohnehin stark „umkämpften“ Boden entlang der Magistralen große Grünflächen zu schaffen, die dieselben Vorteile bieten, wie z.B. Straßenbäume. Extensive Dachbegrünung und bodengebundene Fassadenbegrünung sind pflegeleicht und häufig auch kostengünstig.

Berankung von Spalieren und Zäunen
Auch Rankenpflanzen, Kletterrosen und Obstspaliere, die nur wenige Meter Höhe erreichen, leisten einen Beitrag zur Artenvielfalt und bieten einen schönen Blickfang.

Mikroparks, Baumscheiben, Beete
Selbst kleine, parkähnliche Grünflächen und Beete und bepflanzte Baumscheiben leisten einen positiven Beitrag zum Stadtgrün und für die Artenvielfalt.

Mobile Pflanzgefäße auf Plätzen
Da Plätze zeitweise für Veranstaltungen, Märkte oder auch Feuerwehreinsätze o.Ä. genutzt werden (müssen), können Bäume oder Beete ein Hindernis darstellen. Mobile Pflanzgefäße, die sich bei Bedarf entfernen lassen, stellen hier eine gute Möglichkeit der Begrünung dar.

Grünes Entrée statt Tristesse im Vorgarten
Vorgärten können ein grüner Übergang von der Verkehrsinfrastruktur zur Stadtnatur sein. Sie sollten naturnah angelegt werden, um der Natur auch in der Stadt ihren Raum zu bieten. Auch Insekten und viele andere Tiere freuen sich über Bepflanzung und Versteckmöglichkeiten. So leisten auch Vorgärten einen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt.

Noch mehr begrünte Dächer

An Bushaltestellen und Fahrgastunterständen, auf Fahrradhäuschen und Fahrradstationen, auf Mülltonnenanlagen finden sich kleine Flächen, die naturnah begrünt werden können.Die wissenschaftlich begleiteten begrünten Bushaltestellen mit Gründach in Hamburg wurden gut angenommen. Es fanden sich etliche Insektenarten der Roten Liste.

Straßenbegleitgrün

Grünstreifen sind schmale Flächen, die sich entweder zwischen zwei Fahrbahnen, am Rand einer Fahrbahn oder am Gehweg befinden und begrünt sind – es bieten sich niedrige Blühstreifen, kleine Gehölze oder auch Bäume als Bepflanzung an. Solche Streifen verschönern das Stadtbild, bereichern die Artenvielfalt in der Stadt, fördern den Biotopverbund und verbessern die Luftqualität.

Schatten und Wasser für die Kühlung

In aufgeheizten Städten können mehr Schatten und Verdunstung die Umgebungstemperatur merklich abkühlen. Neben Bäumen und Baumgruppen können auch begrünte Pavillons und Pergolen auf Quartiersplätzen Schatten spenden. Es müssen nicht aufwendige technische Lösungen sein, auch eine naturnahe offene Wasserhaltung und bepflanzte Sickermulden nehmen Regenwasser auf und sorgen für Verdunstungskühle. Wo das nicht geht, können Brunnen, Becken und Wasserspiele für Erfrischung sorgen. Sie dienen auch als Wasserspender für die Tiere der Stadt.  

Frischluftschneisen

Frischluft aus der Umgebung kann den Hitzestress der Menschen reduzieren und den Temperaturanstieg, besonders nachts, dämpfen. Damit frische Luft in die Stadt strömen kann, braucht sie Luftschneisen. Mit Hamburgs grünen Achsen, 1919 von Fritz Schumacher entwickelt3, wurden die Grundlagen des Grünen Netzes geschaffen. Entlang der Siedlungsachsen stellen grüne Zwischenräume mit Freiflächen, Parkanlagen, Spiel- und Sportplätzen, Kleingärten die Versorgung der Stadt mit frischer Luft sicher. Das Grüne Netz gilt es zu schützen und auszubauen, Grünflächen dürfen nicht eingekapselt oder durch Querbebauung (Verriegelung) von den Grünachsen abgeschnitten werden.

1 Trauriger Rekord: Paris hat die höchste hitzebedingte Sterblichkeitsrate in Europa | Euronews

2 Paris ist mit der ökologischen Stadtplanung Vorreiter im Klimaschutz

3 https://www.hamburg.de/resource/blob/280728/134acc54643cf9c219cbeb947894ff55/erlaeuterungen-freiraumver-deutsch-data.pdf