Mit Wut und Trauer haben wir die Tragödien der letzten Wochen vor der Insel Lampedusa im Mittelmeer zur Kenntnis nehmen müssen. Wir wollen nicht zur Tagesordnung übergehen und den Blick auf die bereits in Deutschland lebenden Flüchtlinge aus Libyen lenken, die einer besonderen Schutzbedürftigkeit unterliegen:
Menschen, die ihr Leben bei der Flucht von Libyen nach Lampedusa retten konnten, befinden sich bereits in Berlin, bei uns in Hamburg und anderen deutschen Städten. Sie leben seit Monaten in Deutschland in prekären Situationen, ohne Aussicht auf eine Aufenthaltsperspektive. Ihre rechtliche Lage ist ohne ihr Eigenverschulden entstanden: Sie haben zwar legale Papiere aus Italien, die sie vor Abschiebung in ihre Herkunftsländer schützen, ihnen damit aber keinen legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland und anderen EU-Ländern verleihen. Diese durch mangelhafte und schlecht koordnierte europäische Flüchtlingspolitik zustande gekommene Situation dürfen wir nicht hinnehmen. Eine große Gruppe von Menschen unterstützt seit mehr als einem halben Jahr die Flüchtlinge aus Libyen. Diese Hilfeleistung wird diskreditiert und in die Nähe der Strafbarkeit gerückt. Hamburg ist eine weltoffene Stadt, die sich Humanität leisten kann und muss.
Es gilt daher eine Lösung zu finden und unserer humanitären Verantwortung gerecht zu werden. Dies gilt für den Bund und auch für Hamburg.
Es ist ein Armutszeugnis, wie der SPD-Senat, dessen Leitbild einst die „Menschliche Metropole“ war, mit den Flüchtlingen umgeht. Er versteckt sich hinter Paragrafen und verweist auf Europa. Hat Hamburg als Bundesland keine andere Möglichkeit als die Flüchtlinge abzuschieben und mit aller Härte durchzugreifen? Muss die Situation auf der Straße gegenüber den Flüchtlingen weiter eskalieren? Soll es zu einem Kräftemessen zwischen der Polizei und dem Stadtteil kommen, nur weil der Senat eine politische Lösung und Gespräche mit den Flüchtlingen und ihrem Unterstützerkreis verweigert? Dieser Kurs ist verantwortungslos gegenüber den Polizistinnen und Polizisten und gegenüber den Flüchtlingen. Seit Freitag – und damit seit der Entscheidung über die Winterunterkunft in Altona – herrscht Aktionismus als wäre dieser so angeordnet. Nach Angaben von RechtsanwältInnen und UnterstützerInnen wurden die festgenommenen Personen teilweise in ihren Rechten verletzt.
Der Bürgermeister könnte seinen Innensenator Neumann, der den harten Hund gibt, an die Leine nehmen und den Flüchtlingen ein mittelfristige Perspektive geben und vor allem ein faires Verfahren ohne Hetze durch die Polizei und einschüchternde Ultimaten. Die Länder haben die Möglichkeit, Aufenthaltsgenehmigungen aus humanitären Gründen zu erteilen – ohne damit gegen ein einziges Gesetz zu verstoßen. Sie müssen es nur wollen.
Wir fordern den Senat auf, den in Hamburg lebenden Flüchtlingen das Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen zu erteilen. Hamburg, Deutschland und Europa müssen ihrer Pflicht, Flüchtlingen zu helfen statt sie einfach abzuweisen, endlich nachkommen. Abschottungspolitik führt zu noch mehr menschlichen Tragödien wie in den vergangenen Tagen vor Lampedusa.