Bauen wir die Wissenschaftsstadt Hamburg – nachhaltig!

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Wir Grüne stehen für die Realisierung von Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Das wollen wir in allem, was wir tun, mitdenken. Das heißt: auch die Vision „Wissenschaftsstadt Hamburg“ wird trotz der gegenwärtigen Schwierigkeiten diesen Geist verkörpern und in die Praxis umgesetzt. Wir zeigen jetzt, dass wir es schaffen, nachhaltig zu investieren, um die Wissenschaftsstadt Hamburg weiterhin Wirklichkeit werden lassen. Denn: wir sind wahrscheinlich die letzte Generation, die Einfluss auf den menschengemachten Klimawandel nehmen kann. Wir Grünen sind in der Verantwortung, und es ist unsere Pflicht, alles in unserer Macht Stehende für mehr Klimagerechtigkeit zu tun.

Der Zwischenbericht des Hamburger Klimaplans konstatiert, dass „erhöhte Anstrengungen erforderlich sind, um das derzeit gültige Klimaziel in acht Jahren zu erreichen“. Mit noch ambitionierten Zielen in den Eckpunkten der zweiten Fortschreibung des Hamburger Klimaplans ist klar: wenn wir dieses Ziel erreichen wollen, müssen wir alle möglichen Hebel in Bewegung setzen.

Nachhaltiges Bauen für Wissenschaft und Forschung

Der Stadt Hamburg kommt bei dem Wandel zur Wissenschaftsstadt eine Vorbildrolle in Sachen Klimaneutralität zu. Über die planerischen Anforderungen an Klimaneutralität hinaus haben die Hochschulen als wissenschaftliche Einrichtungen eine spezifische Verantwortung für eine nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung, indem sie beispielsweise durch forschendes Lernen Erkenntnisse für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen einschließlich des Klimas generieren, Konfliktfähigkeit zu entwickeln und so in die Gesellschaft wirken. Ein wichtiges Element im Konzept der Wissenschaftsstadt Hamburg ist die Science City Hamburg Bahrenfeld. Auf dem Gelände der ehemaligen Trabrennbahn Bahrenfeld wird ein neuer, lebendiger Stadtteil für Wissenschaft, Hochschule, Forschung und Innovation in einem Wohn- und Freizeitumfeld mit ca. 6500 Menschen entstehen, die dort wohnen und arbeiten werden. Investitionen in Milliardenhöhe sind vorgesehen. Umso wichtiger ist, dass dieser Stadtteil von Anfang an städtebaulich und ökologisch nachhaltig konzipiert und gebaut wird. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Hochschul- und Forschungsgebäuden, die dringend saniert werden müssen. Dabei ist das vom Klimabeirat angeregte Gesamtverzeichnis der öffentlichen Gebäude der Stadt Hamburg mit Angaben zur energetischen Sanierung nur der erster Schritt.

Das Problem ist, dass ambitionierte nachhaltige Bauvorhaben derzeit an den Bundes- und Landeshaushaltsordnungen scheitern können. Das Zuwendungsrecht verlangt die wirtschaftlichste Lösung zum Zeitpunkt der Investition. Was wirtschaftlich ist, wird durch Planungs- und Kostendaten (PlaKoDa) der Länder und des Bundes festgelegt. Darüber hinaus gibt es speziell Kostenkennwerte der Bauministerkonferenz der Länder für Hochschulbauten. Diese beruhen auf den Kosten von vergleichbaren Objekten in der Vergangenheit und erschweren klimaneutrales Bauen massiv. Dabei würden höhere Investition zum Bauzeitpunkt in beispielsweise Solaranlagen später mehr Geld sparen (sog. Intracting), das dann für weitere Klimamaßnahmen genutzt werden könnte. Dies wird in Hamburg bereits in einzelnen Projekten in Schul- und Hochschulbau erfolgreich umgesetzt, sollte aber flächendeckend ermöglicht werden. Schul- und Hochschulbau erfolgt durch die stadteigenen Gesellschaften GMH und die Sprinkenhof GmbH im sog. Mieter-Vermieter-Modell (MVM). Stellen diese Gesellschaften die notwendigen investiven Mittel bereit, kann sich dies später mindernd auf die zu zahlende Miete auswirken.

Um nachhaltiges Bauen von Gebäuden unserer Forschungs- und Bildungseinrichtungen zu gewähren sind die Vergabeverfahren für Gebäude vom Start des Verfahrens her auf Nachhaltigkeit auszulegen. Das betrifft die Auslobungstexte, die im Verfahren lange vor der Ausschreibung geschrieben werden und entsprechend zu einer späteren Auswahl an Entwürfen führen. Die Auslobungstexte sowie die spätere Ausschreibung müssen schon von Beginn an Kriterien für die geforderte Nachhaltigkeit bei Bau- und Sanierungsprojekten beinhalten. Im Verfahren kommt dann es zu Bewertungen der Raum- und Funktionsplanung, der Kosten und der Nachhaltigkeit. Letztere ist derzeit leider nur unspezifiziert mit 5% Gewichtung in den Bewertungsbögen enthalten. Die Kosten hingegen werden mit 25% Gewichtung bewertet. Für die Nachhaltigkeit müssen dezidierte Kriterien wie bspw. Nutzung von Recycling, nachwachsenden Baumaterialien, energieschonender Bauweise oder gesundes Raumklima mit einem nennenswerten Anteil von mind. 25% vorkommen. Diese Kriterien müssen in einer Arbeitsgruppe bestehend aus Expert*innen erarbeitet, regelmäßig aktualisiert und mit der politischen Öffentlichkeit diskutiert werden.

Damit nachhaltiges Bauen und Sanierungen vereinfacht möglich wird, setzen wir GRÜNE uns dafür ein,

  • die Vergabeverfahren inklusive der Wettbewerbsauslobung von Beginn an alle Kriterien zum nachhaltigen Bauen beinhalten und Auswertungsbögen mindestens zu 25% Nachhaltigkeitskriterien aufweisen;
  • dass die in den Bundes- und Landeshaushaltsordnungen definierten Verwaltungsvorschriften sowie das Vergaberecht so geändert werden, dass bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung eine Lebenszyklusanalyse mit einem CO2-Preis eingeführt wird, der sich an der Methodenkonvention zur Ermittlung von Umweltkosten des Umweltbundesamts orientiert, sowie notwendige Klimaanpassungen vorsieht (siehe auch Beschluss zum Green New Deal für HH von 2020);
  • dass über eine Bundesratsinitiative die Kostenkennwerte um Anteile für Investitionen in klimaschonendes nachhaltiges Bauen erweitert werden;
  • dass auch die Hamburger Planungs- und Kostendaten im Bauhandbuch der FHH so geändert werden, dass Lebenszyklusanalysen wie oben skizziert sowie Investitionen in klimaschonendes Bauen und Sanieren möglich sind;
  • dass alle Hamburger Hochschul- und Forschungsgebäude die Möglichkeit zum Intracting erhalten;
  • dass die Baustandards des Hamburger Klimaplans überprüfbar eingehalten werden (in der Regel Sanierungen Standard KfW 55, Neubauten Standard KfW 40),
  • dass Mehrkosten zur Erfüllung der Denkmalschutzvorgaben bei Sanierungsvorhaben eingepreist werden und die Sanierungen nicht wegen Denkmalschutz aufgeschoben werden.

Nachhaltigkeit an Hochschulen und Wissenschaftsorganisationen

In Sachen Nachhaltigkeit an Hochschulen und Wissenschaftsorganisationen passiert bereits viel. So vernetzten sich Hochschulen zu dem Thema über das bis 2021 geförderte BMBF-Programm HOCH-N, die Universität Hamburg ist seit 2010 Universität der Nachhaltigkeit und hat seit Dezember 2022 eine Chief Sustainable Officer, d.h. eine hauptamtliche Beauftragte für Nachhaltigkeit, das Studierendenwerk betreibt die erste vegane und vegetarische Mensa, die Technische Hochschule betreibt zusammen mit den Hamburger Energiewerken ein Reallabor für die Energiewende und die Hafencity Universität forscht dazu, wie die nachhaltige und intelligente Stadt der Zukunft aussehen sollte. Ferner hat das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY), fünftgrößter Energieverbraucher in Hamburg, zu diesem Jahr komplett auf Ökostrom umgestellt, und Hamburger Grüne haben sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass die Stadt Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) fördert. Dennoch hängt immer noch viel an der Initiative Einzelner, und gerade kleine Institutionen können sich beispielsweise keine eigene Nachhaltigkeitsbeauftragte leisten. In anderen Bundesländern wird der Weg zur Klimaneutralität auf diesem Gebiet erfreulicherweise bereits gefördert, Hessen hat beispielsweise Mittel für 31 Stellen für Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsprogramme über fünf Jahre an die hessischen Hochschulen bewilligt.1 Hier können wir noch besser werden!

Daher schlagen wir Grüne folgendes vor:

  • die demokratische Mitbestimmung der Hochschulen bei der Planung und Durchführung von Bauvorhaben soll gestärkt werden;
  • alle Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen in Hamburg koordinieren sich über einen gemeinsamen Nachhaltigkeitsrat, um Synergien zu schaffen und Hamburg zur nachhaltigen Wissenschaftsstadt zu machen;
  • alle Hochschul- und Wissenschaftseinrichtungen mit Landesbeteiligung entwickeln ihre Nachhaltigkeitskonzepte stetig weiter (und berücksichtigen perspektivisch auch die einzelnen Bereiche Energie, Wärme, Ressourcenverbrauch);
  • es wird eine Plattform für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit in der BUKEA eingerichtet, die beispielsweise auch zur Einwerbung von Drittmitteln für Hochschulen und Forschungseinrichtungen informiert (s.u.);
  • es findet ein Erfahrungstransfer von den Klimamanagementstellen der Bezirke mit dem oben genannten Nachhaltigkeitsrat unter Leitung der Stabsstelle Nachhaltigkeit statt;
  • es wird ein Nachhaltigkeitsbudget nach dem Vorbild des Innovations- und Strukturentwicklungsbudgets in Hessen bereitgestellt, um z.B. koordinierende Strukturen zu finanzieren.

Finanzierung für mehr Klimaneutralität in Hochschule und Wissenschaft

Die Finanzierung der oben skizzierten Pläne allein aus Hamburger Mitteln übersteigt die Möglichkeiten der Stadt. Hamburger Grüne setzen sich daher zum Beispiel schon seit langem für einen Fonds zur Sanierung von Hochschulgebäuden auf Bundesebene ein, bisher leider erfolglos. Es gibt jedoch EU- und Bundesmittel, die für die Finanzierung von ehrgeizigen Klimaschutzmaßnahmen genutzt werden könnten. So könnten beispielsweise kleinere Hochschulen über Mittel der Nationalen Klimaschutzlinie durch Klimaschutzmanager beraten werden2, Neubauten in der Science City Hamburg Bahrenfeld könnten über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und Sanierungen über den Klima- und Infrastrukturfonds des Europa-Investmentfonds gefördert werden3. Ferner können Mittel für im Bereich klima-und ressourcenschonendes Hochschulbau von der Deutschen Stiftung Umwelt4 gefördert werden. Leider sind die hierfür erforderlichen Anträge zum Teil sehr aufwändig und erfordern konzertierte Arbeit in den Behörden sowie die oben skizzierte Unterstützung für kleine Hochschulen.

Wir Grünen setzen uns daher weiter dafür ein, dass

  • auf Bundesebene ein Fonds für die Sanierung von Hochschulgebäuden eingerichtet wird,
  • die Hamburger Behörden ihre Kräfte zur Einwerbung von Drittmitteln für mehr Klimaschutz bündeln.

Wir sind die Partei, die die grüne Wissenschaftsstadt Hamburg Realität werden lässt. Packen wir’s an!

Quellen