Schätzungsweise rund 30 % der Menschen unserer Stadt sind direkt oder indirekt zu Hause oder am Arbeitsplatz von Lärm durch den Flugverkehr betroffen. Das zeigt der Lärmaktionsplan im Hamburger Geoportal. War das Thema früher eines, das insbesondere in den Stadtteilen, die direkt an den im Norden Hamburgs liegenden Flughafen grenzen, diskutiert wurde, ist es heute in immer mehr Stadtteilen virulent.
Laut dem Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages belästigt Fluglärm im direkten Vergleich stärker als Bahnlärm (68% vs. 32%) und stärker als Straßenverkehrslärm (73% vs. 27 %). Auch in Nächten, in denen alle drei Verkehrslärm Arten wahrgenommen wurden, belästigte Fluglärm laut dem Papier am stärksten (70% vs. 13% bzw. 17%).
In den Jahren 2020 und 2021 ging, bedingt durch die Corona Pandemie, der Flugverkehr deutlich zurück. Das fiel uns in Hamburg einerseits durch das Fehlen der Kondensstreifen am Himmel und andererseits an der deutlich weniger wahrnehmbaren Lärmbelastung im Alltag und bis in die späten Abend- und Nachtstunden hinein auf. Die statistischen Zahlen der letzten vier Jahre passen zu dieser Wahrnehmung. Nach den beiden Rekordjahren 2017 und 2018 waren die Flugbewegungen schon 2019 in Hamburg leicht rückläufig, bevor sie in 2020 einen Tiefpunkt erreichten. Das wirkte sich natürlich auch auf die nächtlichen Flugbewegungen am Hamburger Flughafen aus:
2018: 8.646
2019: 7.373
2020: 1.873
2021: 2.572
Für 2022 hat die Fluglärmschutzkommission (FLSK) wieder deutlich mehr Flugverkehr registriert, rund 80% des Niveaus von 2019. Zudem häuften sich im vergangenen Jahr die Verspätungen aufgrund der allgemeinen Flugverkehrslage, der angespannten Personalsituation an den Flughäfen und bei den Fluggesellschaften; außerdem takten offenbar insbesondere die Billigflieger ihre Flupläne so eng, dass bewusst Verspätungen in Kauf genommen werden.
Es ist uns ein Anliegen, dass insgesamt deutlich weniger Flugzeuge in Hamburg in den wirklich späten Abendstunden landen. Denn gerade das reißt die lärmbelasteten Anwohner*innen aus dem Schlaf bzw. lässt sie gar nicht erst einschlafen. Deshalb wollen wir, dass das Nachtflugverbot verschärft wird. Eine gut denkbare Variante ist, es um eine halbe Stunde vorzuziehen, so dass es ab 22:30 Uhr gilt. Verspätungsflüge dürfen dann aller höchstens bis 23:30 Uhr am Hamburger Flughafen ohne separate Genehmigung starten und landen. Dieses hat für den Flughafen keine wirtschaftlich negative Auswirkung, aber es hat eine große positive gesundheitliche Auswirkung auf die Menschen in den betroffenen Stadtteilen. Die Fluggesellschaften müssen auf diese Weise ein strengeres Pünktlichkeitsmanagement betreiben und sicherlich zum Teil vom Anflug des Hamburger Flughafens absehen, wenn vorherige Verbindungen schon verspätet sind.
Seit 2014 ist in Deutschland das so genannte Flachstartverfahren ein bundesweit zugelassenes Verfahren. Bei diesem steigen Maschinen nicht so schnell in große Höhen auf und sparen dadurch Kerosin. Sie belasten dafür allerdings die Anwohner*innen stärker durch Lärm, da Flugzeuge in 800 Meter Höhe logischerweise lauter sind als jene, die bereits auf 3000 Metern sind. Aus unserer Sicht ist das Flachstartverfahren daher bei innenstadtnahen Flughäfen wie dem in Hamburg, wo kurz nach dem Start dicht bewohnte Gebiete überflogen werden, kein geeignetes. Hier schlägt für uns in der Abwägung das Argument des Lärmschutzes jenes der Kerosinersparnis. Wir appellieren daher an die Fluggesellschaften, die offizielle Empfehlung, auf Flachstarts am Hamburger Flughafen zu verzichten, umzusetzen; dies gilt insbesondere für die Lufthansa, die im Gegensatz zu den meisten anderen Airlines diese Empfehlung ignoriert und damit Hauptverursacher des Fluglärms durch Flachstarts ist.
Weiterhin setzen wir uns (auf Landesebene) dafür ein, dass die Lärmschutzzonen noch in diesem Jahr neu ausgewiesen werden. Die letzte Festsetzung erfolgte bereits vor deutlich mehr als 10 Jahren, obwohl ein Abstand von 10 Jahren vorgesehen ist, um Lärmschutzmaßnahmen stets den aktuellen Besiedlungsentwicklungen, Start- und Landeverfahren sowie technischen Entwicklungen anzupassen.
Der vereinbarte Koalitionsvertrag der Regierungsparteien im Bund sieht vor, das Thema Fluglärm 2023 zu evaluieren und die Verordnung entsprechend zu überarbeiten. Weiterhin soll die Luftverkehrsabgabe ab 2024 erhöht werden.
Eine Kerosinbesteuerung soll auf EU Ebene umgesetzt werden. Diese Maßnahmen können dazu beitragen, die Fluggastzahlen mittelfristig auf ein mittleres Niveau einzustellen oder sogar dauerhaft stetig zurückgehen zu lassen.
Um das aber wirklich zu erreichen, muss das Schienennetz der Deutschen Bahn dringend und unabhängig von den Autobahnnetzen erneuert und ausgebaut werden, damit die klimafreundlichen Bahnverbindungen zwischen den Großstädten deutlich pünktlicher und konkurrenzfähiger mit den Kurzstreckenangeboten der Luftfahrtgesellschaften werden können und dann auch günstiger sind.
Vor diesem Hintergrund und für die Bewahrung der Gesundheit der Menschen in unserer Stadt setzen wir Grüne uns auf Landes- und Bundesebene, sowie nach Möglichkeit auf EU-Ebene dafür ein, dass der Fluglärm, die Klima- und Umweltbelastung durch den Flugverkehr für unsere Stadt und andere betroffene Regionen deutlich abgemildert wird.