Hamburg besticht durch erfolgreiche und schlanke Verwaltungsprozesse!

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Unser Ziel ist es, Hamburgs Bürger*innen, Unternehmen und die Verwaltung von zu viel Bürokratie zu befreien und die Digitalisierung der Verwaltung voranzubringen. Digitalisierung ist nicht einfach Papier-Anträge zukünftig digital zu bearbeiten, sondern vor allem end-to-end-Lösungen ohne Medienbrüche einzuführen. Um dies zu erreichen, müssen bestehende Prozesse hinsichtlich ihrer Notwendigkeit und auf Vereinfachungen hin überprüft werden. Nur eine konsequente end-to-end-Digitalisierung ermöglicht es, den Bürger*innen und Unternehmen einen besseren Service anzubieten und zugleich auf Seiten der Verwaltung schneller und effizienter arbeiten zu können.

Vor dem Hintergrund großer und schneller Veränderungen, einer internationalisierten Wirtschaft, dem demographischen Wandel und zahlreicher weiterer Faktoren sind schlanke Verwaltungsprozesse zunehmend notwendiger. Für die Wirtschaft ist eine unkomplizierte, schnelle, digitalisierte und dennoch rechtssichere und fachlich versierte Verwaltung ein echter Standortfaktor. Wir brauchen eine Verwaltung, die ihre Kund*innen begleitet, bei der Suche nach Lösungen unterstützt und ihnen proaktiv Dienstleistungen anbietet. Der sich verstärkenden Fach- und Arbeitskräftemangel betrifft auch den öffentlichen Dienst. Viele Stellen können schon jetzt nicht zeitnah nachbesetzt werden. Eine Effizienz- und Produktivitätssteigerung ist auch aus diesem Grund notwendig.

Eine wertegeleitete Außenpolitik, der Kampf gegen die Klimakrise oder mehr Auflagen für den Gesundheits- und Umweltschutz erhöhen dagegen die Notwendigkeit von verbindlichen und (inter)national harmonisierten Regelungen, die teilweise auch zu „mehr Verwaltung“ führen. Dieses „Mehr“ an Verwaltung in einigen Bereichen muss durch eine höhere Effizienz der Verwaltung in allen Bereichen ermöglicht werden, anders wird die Arbeit in Verwaltung und Unternehmen nicht gestemmt werden können.

Im grünen Leitantrag zur „Zukunft der Wirtschaft in Hamburg – Nachhaltig, Innovativ, Erfolgreich!“ fordern wir eine Hamburger Verwaltung, die serviceorientierter, digitaler und internationaler ist, und zwar für Bürger*innen und Unternehmer*innen gleichermaßen. Ziel ist es unter anderem, den Kulturwandel in der Verwaltung zu fördern, wonach das zügige Ermöglichen von Lösungen in einem sicheren rechtlichen Rahmen Kernaufgabe der Verwaltung ist[1].

Sehr viele Mitarbeiter*innen in der Verwaltung arbeiten auch heute schon genau nach diesem Motto, leiden aber unter formalistisch arbeitenden Führungsebenen, bürokratischen Vorgaben, veralteten technischen Verfahren und politischer Unsicherheit. Deswegen werden wir diese Mitarbeiter*innen in ihrer Eigenverantwortung unterstützen und ermutigen. Auch in der Verwaltung muss Ausprobieren positiv gesehen werden. Überflüssige Kontrollen müssen politisch gewollt ersatzlos gestrichen und nicht auf überlastete Mitarbeiter*innen übertragen werden.

Für die kommende Legislaturperiode setzen wir deshalb nicht nur fort, was wir in der aktuellen Legislaturperiode begonnen haben, sondern setzen uns klare Ziele und beschließen konkrete Maßnahmen.

Die LMV möge folgende GRÜNE Ziele für Hamburgs Verwaltung beschließen:

  • In 2030 ist die Hamburger Verwaltung die beste Metropolen-Verwaltung Europas, subjektiv und objektiv messbar an konkreten Kennzahlen.
  • Die Hamburger Verwaltung hat proaktive Verwaltungsleistungen eingeführt und wird von den Bürger*innen und Unternehmen als serviceorientierte Dienstleisterin positiv wahrgenommen.
  • Dienstleistungen, insbesondere existenzsichernde Leistungen, werden zügig, zugewandt und niedrigschwellig erbracht. Die Verwaltung wirkt aktiv daran mit soziale Rechte auch tatsächlich zu verwirklichen.
  • Um diese Ziele in die Wirklichkeit zu übersetzen, schafft die Politik auf Bürokratieabbau ausgerichtete Rahmenbedingungen, konzentriert sich auf sinnvolle Regelungen und verzichtet auf kleinteilige Kontroll- oder Nachweispflichten:

Kulturwandel

  1. Die Politik initiiert einen fortlaufenden Transformationsprozess, um einen dauerhaften Kulturwandel zu erreichen.
  2. Dieser Kulturwandel beginnt bei den politisch gewählten Senator*innen und deren Staatsrät*innen und wird täglich vorgelebt. Er setzt sich durch heterogen besetzte Führungsebenen (fachlich & persönlich) fort.
  3. Er beinhaltet die Bereitstellung notwendiger Ressourcen und die verstärkte Steuerung über Erfolgsindikatoren.
  4. Teil des Kulturwandels ist die Einführung von proaktiven Verwaltungsdienstleistungen. D.h. die Verwaltung informiert die Bürger*innen und die Unternehmen aktiv, wenn Handlungen erforderlich oder vorteilhaft sind (z.B. Verlängerung des Personalausweises, Beantragung von Kindergeld).
  5. Perfekte politische Kontrolle und first-best-options sind verlockend, oft aber nicht effizient und führen zu Bürokratie. Wir als Politik müssen bei unseren Vorhaben in Kauf nehmen, dass wir nicht alles sozial ausgleichen können, dass wir nicht jeden Baum zählen müssen und dass wir es nicht unbedingt besser wissen als die Fachmitarbeiter*innen in den Behörden.

Alles muss auf den Prüfstand

  1. Bestehende laufende Berichtspflichten an die Bürgerschaft im Einvernehmen mit der Bürgerschaft dahingehend zu überprüfen, erstens welche Informationen aus den Berichten noch benötigt werden, zweitens ob Berichte automatisch erstellt werden können und drittens, ob es Berichte gibt, die gänzlich gestrichen werden können oder beispielsweise durch den Zugriff auf Datenbanken auch für Abgeordnete und deren Mitarbeiter*innen ersetzt werden können.
  2. Alle Gesetze und Ordnungen inklusive ihrer Verwaltungsvereinbarungen (VVen) auf Landesebene politisch und von Seiten der Verwaltung zu überprüfen, ob Vereinfachungen oder sogar Streichungen möglich sind.
  3. Für die Zukunft entweder automatische Ablaufdaten oder regelmäßige Überprüfungen für eingeführte Regeln zu implementieren.
  4. Es findet ein Praxischeck aller einzuführenden Gesetze und verwaltungsinternen Vorschriften statt – gemeinsam durch die Fachbehörden und Bezirksämter. Der erste Praxischeck findet vor der Beschlussfassung statt, sodass der Entwurf noch optimiert werden kann. Außerdem setzen wir uns für Praxischecks auf Bundesebene ein.

Regelfinanzierung und Bagatellgrenzen statt Förderprogramme

  1. Überprüfung bestehender Förderprogramme und Zuwendungen, um herauszufinden, ob sie durch Regelfinanzierungen ersetzt werden können.
  2. Erhöhung der Bagatellgrenzen für Rückforderungen und höhere Ermessensspielräume der Verwaltung, um selbstverantwortlichere Gestaltung durch Mitarbeiter*innen statt „Abhaken“ nach Schema F zu ermöglichen.
  3. Streichung von (Zwischen-)Berichten von Zuwendungsempfänger*innen oder Ersatz durch ohnehin produzierten Content (z.B. Bilder der geförderten Veranstaltung, Vorstandsvorlagen oder Jahresberichten).
  4. Streichung oder Automatisierung von Maßnahmen wie der Prüfung von Steuererklärungen, Förderbescheiden etc.

Standards für die Prozessoptimierung und Digitalisierung

  1. Vorhandene Prozesse werden bewertet ob sie weiterhin gebraucht werden, wie sie verschlankt werden können und erst dann digitalisiert.
  2. Das EfA (Einer-für-Alle) Prinzip des OZG (Online-Zugangsgesetz) wenden wir überall, wo es möglich ist, an und kooperieren mit anderen Bundesländern/Kommunen und ihren Verwaltungen.
  3. Das „Once Only“-Prinzip muss umfassend umgesetzt werden. Sofern sie es wollen, werden notwendige Angaben von Bürger*innen und Unternehmen nur noch ein einziges Mal an die Verwaltung übermittelt (z.B. Meldeanschrift). Voraussetzung dafür ist die Umsetzung des sog. Registermodernisierungsgesetzes, das den datenschutzsicheren Umgang mit diesen Daten ermöglicht.
  4. Die Erhebung von unnötigen oder ungenutzten Daten beenden wir. Bei Folgeanträgen (z.B. von Kita-Gutscheinen) sollen regelhaft nur Nachweise oder Unterlagen erbracht werden, wenn sich Änderungen ergeben haben.
  • Den Einsatz von verantwortungsvoller KI (Responsible AI) sehen wir als Chance für die Verwaltung. Wir ermutigen zum Einsatz entsprechender Techniken mit schlanken regulatorischen Rahmenbedingungen.
  • Die technischen Voraussetzungen für Prozesse ohne Medienbrüche müssen in ganzer Breite bereitgestellt werden.
  • Wichtigstes Merkmal der Vereinfachung sollte über alle Verwaltungsbereiche hinweg so viel Vereinheitlichung und Standardisierung wie möglich sein.

Kommunale Ebene

  1. Wir vereinheitlichen Vorgaben landesweit wo Abweichungen zwischen den Bezirken nicht sinnvoll sind – das gilt insbesondere für das grundsätzliche Erfordernis einheitlicher Verwaltungsprozesse bis hin zur einheitlichen Gestaltung der Möglichkeiten der Kontaktaufnahme mit der Verwaltung.
  2. Fachbehörden und Bezirksämter arbeiten dabei eng und vertrauensvoll im Sinne einer serviceorientierten und effizienten Verwaltung zusammen.
  3. Weil es häufig sehr lange dauert, bis praxisferne Regelungen in Regelwerken ausgebessert oder gestrichen werden, wollen wir auf kommunaler Ebene abweichen dürfen. Bei nachweislich praxisfernen und nicht grundrechtsrelevanten Vorschriften sollen die Entscheider*innen auf der lokalen Ebene die Möglichkeit haben, die Umsetzung einer Vorschrift mit entsprechender Begründung für einen bestimmten Zeitraum auszusetzen oder zu modifizieren.

Ressourcen und Maßnahmen für die Umsetzung

  1. Auf Behördenebene werden aus den bestehenden Mitarbeiter*innen Projektteams mit zeitlichen und finanziellen Ressourcen (für Fortbildungen, externen Support etc.) gebildet.
  2. Zentral werden über bestehende Strukturen Ressourcen für Schulungen und übergeordnetes Wissen sowie externer Support (bspw. durch Beratungsfirmen) bereitgestellt.
  3. Zusätzlich werden wir dafür Sorge tragen, dass durch Beteiligungsmöglichkeiten Transparenz gegeben ist – solange es dem Transformationsprozess nicht grundsätzlich im Weg steht.

Erfolgscontrolling

  1. Der Erfolg der Projekte sollte mit geeigneten Indikatoren nachgehalten werden. Im Rahmen der Möglichkeiten können dann Erfolgsbeteiligungen eingeführt werden.
  2. Da bei der Entbürokratisierung Geschwindigkeit gefragt ist, sollte ein wesentlicher Indikator der Zeithorizont sein.

Barrierefreiheit

  1. Eine schlanke Verwaltung ist nicht nur digitalisierter und effizienter, sondern sie muss Dienstleisterin für alle Menschen unserer Stadt sein – unabhängig von physischen oder psychischen Beeinträchtigungen, Wohnort, Sprachfähigkeiten oder Technikaffinität. Dafür müssen noch mehr Angebote in leichter[2], einfacher[3], Gebärdensprache und anderen Sprachen geschaffen, der analoge sowie der Online-Auftritt so leserlich wie möglich dargestellt und Verwaltungsmitarbeiter*innen im Hinblick auf Barrierefreiheit[4] geschult werden.Davon profitieren letztlich alle Nutzer*innen. Die Nutzer*innen wollen wir auch direkt unterstützen, beispielsweise durch Schulungsangebote sowie Hilfestellungen bei der konkreten Nutzung digitaler Verwaltungsleistungen im Bedarfsfall.

[1]Beschluss der Landesmitgliederversammlung, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN Landesverband Hamburg, Samstag, 24. Juni 2023, „Zukunft der Wirtschaft in Hamburg – Nachhaltig, Innovativ, Erfolgreich!“, S. 20f

[2]Leichte Sprache ist leichter zu lesen. Texte in leichter Sprache haben zum Beispiel einfache Wörter, kurze Sätze und Bilder, die den Text zusätzlich erklären. Außerdem wird auf Abkürzungen verzichtet, auf genug Abstand zwischen den Zeilen geachtet und es werden viele Absätze und Überschriften verwendet.

[3]Einfache Sprache unterscheidet sich von leichter Sprache. Einfache Sprache ist komplexer. Bei Texten in einfacher Sprache werden keine Fremdwörter verwendet und Sätze kurzgehalten. Ironie, Metaphern und Synonyme werden vermieden.

[4]Der Begriff digitale Barrierefreiheit bedeutet, dass die uneingeschränkte Verfügbarkeit und Zugänglichkeit zur Informationstechnik (Internet, Dokumente und mobile Anwendungen) für alle Menschen, unabhängig ihrer etwaigen Einschränkungen oder technischen Möglichkeiten, gewährleistet wird.