Hintergrund: Die German LNG plant ein LNG-Terminal (Liquefied Natural Gas, Flüssigerdgas) in Brunsbüttel. Die German LNG Terminal GmbH ist ein Joint Venture der niederländischen Unternehmen Gasunie LNG Holding B.V., Vopak LNG Holding B.V. sowie der Oiltanking GmbH, einem Tochterunternehmen der Marquard & Bahls AG, Hamburg.
Der Bund und das Land Schleswig-Holstein wollen diese Unternehmung mit öffentlichen Geldern subventionieren. Dazu wurden im Haushalt 2020 des Landes Schleswig Holstein 50 Millionen Euro Verpflichtungsermächtigungen veranschlagt. Diese sind wiederum Voraussetzung für die Komplementärfinanzierung des Bundes.
Die erste Planung und die Vereinbarung im Koalitionsvertrag in SH war, das Gas vor allem für die Betankung von Schiffen und im Industriegebiet in Brunsbüttel einzusetzen. Ursprünglich sollte die Gesamtkapazität des Terminals 5 Mrd. m³ LNG/Jahr betragen (Stand 2018). Mittlerweile wurde die geplante Kapazität auf 8 Mrd. m³ LNG/Jahr erweitert, sodass das LNG auch seinen Weg ins deutsche Erdgasnetz finden soll. Während das Terminal stark subventioniert werden soll, sollen die Anschlusskosten für die Pipeline zu 90 % die Gaskunden per Umlage bezahlen.
Eigentlich hatte der Investor zugesagt, das Terminal bis 2022 fertigzustellen. Nun hat German LNG sich einen Aufschub der Investitionsentscheidung bis 2022 ausbedungen. Trotz ausstehender Investitionsentscheidung werden bereits Bodenuntersuchungen für die Anschlusspipeline, die auch bei Grundeigentümerinnen mit Zwangsmaßnahmen durchgesetzt werden. Schon alleine durch die Voruntersuchungen werden u.a. Moorböden irreversibel geschädigt. Die Landesdelegiertenkonferenz der Grünen in Schleswig-Holstein hat sich gerade auf ihrem Landesparteitag (31.10./1.11.) von dem Projekt distanziert.
Die Nutzung von LNG ist aus folgenden Gründen problematisch für den Klimaschutz:
- LNG wird absehbar vor allem aus Ländern importiert werden, in denen das Erdgas durch Fracking gewonnen wird (z.B. USA). Die Grünen lehnen Fracking aus guten Gründen ab, unter anderem wegen der klimaschädlichen Methanemissionen. Es kann somit keine Grüne Politik sein, ein Produkt zu unterstützen, dass Frackinggas nutzt.
- Erdgas hat nur bei optimistischen Annahmen eine leicht bessere Klimabilanz als Schweröl oder Marinediesel. Die Bilanz kehrt sich um, wenn man realistische Werte für den Methanschlupf ansetzt und auch die massive kurzfristige Klimawirksamkeit von CO2 betrachtet. Methan ist in einem Zeitraum von 20 Jahren um den Faktor 84 stärker klimawirksam als CO2. Das Forcieren der „Brückenlösung“ Gas kann so schlimmstenfalls dazu führen, dass Kipppunkte für das Klima erreicht werden, die auch bei späterer Emissionsminderung nicht mehr zurückgedreht werden können. Erdgas bringt gegenüber Diesel also bestenfalls keinen Vorteil, schlimmstenfalls einen gefährlichen Nachteil. Die Problematik des Methanschlupfes bleibt auch bestehen, wenn statt Erdgas synthetisches oder biogenes LNG genutzt wird.
- Für die sogenannte „Brückentechnologie“ LNG wird eine milliardenschwere Infrastruktur aufgebaut, die obendrein massiv staatlich gefördert werden muss. Das Geld fehlt bei anderen dringlichen Klimaschutzmaßnahmen. Andere LNG-Terminals bestehen bereits in Europa, z.B. in Rotterdam. Sie sind nicht ausgelastet und defizitär. Der Kohle- und Atomausstieg haben gezeigt, wie teuer es ist, große Infrastrukturen erst staatlich aufzubauen, und dann wieder daraus auszusteigen. Eine weitere Investition in eine verfehlte Großtechnologie können wir uns weder finanziell noch zeitlich leisten.
- In wissenschaftlichen Szenarien für die Klimaneutralität gilt in der Regel Wasserstoff als der Schifftreibstoff der Zukunft. Eine LNG-Infrastruktur kann nur sehr bedingt für Wasserstoff genutzt werden. Die direkte Nutzung (z.B. für tiefkalten Wasserstoff) ist nicht möglich, da sich die Gase zu stark unterscheiden. Eine Erzeugung von synthetischem LNG aus Grünstrom und Verflüssigung in Deutschland ist unwahrscheinlich da die Kapazitäten sehr klein und somit ineffizient wären. Denkbar erscheint nur der Import von synthetischem LNG auf Wasserstoffbasis aus Ländern, die dieses in großen Mengen herstellen. Ob und wann dafür eine Infrastruktur entstehen wird, ist offen.
- In Bezug auf klimaneutrale Schiffsantriebe im Seeverkehr sind die Würfel noch nicht gefallen. Einige der großen Reedereien setzen auf LNG, andere halten die Optionen noch offen. Denkbar ist für die Zukunft Wasserstoff, schneller einsetzbar sind verschiedene synthetische Flüssigkraftstoffe. In der Strom- und Wärmeerzeugung muss der Gasanteil sinken. Im LKW-Verkehr konkurrieren Oberleitungsfahrzeuge, Wasserstoff und LNG. Mit dem Aufbau einer LNG-Infrastruktur (einschließlich Tankstellen im Falle von LKW) werden Milliardeninvestitionen in eine Technologie gebunden, die womöglich in wenigen Jahren schon überholt ist. Das Geld fehlt dann für sinnvollere Investitionen in klimaneutrale Technologien, wie z.B. den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur.
Empfehlungen:
Hamburg will laut aktuellem Klimaplan bis 2050 klimaneutral werden mit 55 % Minderung bis 2030. Grüne Position ist, dass Hamburg bereits bis 2035 klimaneutral werden muss. Hamburg und insbesondere die Hamburger Grünen müssen daher auch für den Hafen und die Gasversorgung Pläne machen, die mit diesen Zielen kompatibel sind.
Mit dem Hafen und dem Erdgasverbrauch der Industrie und Haushalte spielt Hamburg als Abnehmerin für das LNG in den Plänen von Brunsbüttel und Stade eine gewisse Rolle. Deshalb muss Hamburg dies auch gegenüber Schleswig-Holstein, Niedersachsen und den Investoren deutlich kommunizieren.
Dazu gehören folgende Aspekte:
- Hamburg und insbesondere die Hamburger Grünen müssen deutlich machen, dass der Hafen in den kommenden Jahrzehnten klimaneutral werden muss. Fossiles LNG liefert dazu keinen Beitrag, LNG aus Frackinggas verschlimmert die Situation. Ob synthetisches LNG einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, ist nicht absehbar. Das Minimum sind Pläne für zügig steigenden Anteile synthetischen oder biogenen LNG, Anstrengung zur Reduktion des Methanschlupfs und der Ausschluss von Frackinggas. Darüber hinaus muss die Planungsgrundlage eine realistische Entwicklung des Hamburger Hafens beinhalten und darf nicht von überholt ambitionierten Wachstumsprognosen ausgehen.
- Hamburg und insbesondere die Hamburger Grünen müssen deutlich machen, dass auch der Erdgasbezug aus dem Netz in den nächsten Jahrzehnten in Hamburg deutlich sinken muss und Hamburg nicht als Abnehmerin für LNG-Erdgas aus Brunsbüttel oder Stade eingeplant werden kann.
Das ergibt sich aus mehreren zwingenden Schritten, die Hamburg für den Klimaschutz gehen muss:
- Hamburg muss seinen Bedarf an Heizwärme durch energetische Sanierungen deutlichsenk en und zunehmend elektrisch mit Hilfe von Wärmepumpen decken.
- Begleitend zum Umbau der Strom- und Wärmeversorgung müssen auch die Hamburger Gaskraftwerke ihren Betrieb in den nächsten Jahren und Jahrzehnten reduzieren, um Klimaneutralität zu erreichen.
- Der Zunächst verbleibende Gasbedarf muss zunehmend aus synthetischen und biogenen Quellen gedeckt werden (Biogas, E-Methan). Auch dadurch sinkt die Nachfrage nach konventionellem Erdgas.
- Hamburg will die Hauptstadt der Wasserstofftechnologien werden, selbst Wasserstoff erzeugen und sich auch der Erzeugung von synthetischen Treibstoffen widmen. Im Sinne der Klimaneutralität muss dies mit dem Fokus auf den Schiffs- und Flugverkehr geschehen. Auch wenn noch nicht klar ist, in welcher Form Wasserstoff im See- oder Luftverkehr eingesetzt werden wird: in jedem Fall wird ein LNG-Terminal für den Import als Konkurrenz den Aufbau einer lokalen Infrastruktur erschweren.