Der russische Angriffskrieg in der Ukraine verändert nicht nur die geo- und sicherheitspolitische Situation in Europa fundamental, er hat uns auch mit voller Wucht vor Augen geführt, wie gravierend die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aus Russland ist. Eine fortbestehende fossile Abhängigkeit ist nicht tragbar, da sie zum einen Putins Krieg finanziert und zum anderen höchst klima- und umweltschädlich ist. Daher brauchen wir einen Kraftakt, der uns alle mit einschließt: Bürger*innen, Unternehmen und nicht zuletzt die öffentliche Hand. Nur gemeinsam kann es uns gelingen, uns unabhängig zu machen, auch in Hamburg brauchen wir dafür schnellstmöglich ein gezieltes Programm zum beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien und zum solidarischen Energiesparen.
Deutsche Energieimporte finanzieren Russlands Angriffskrieg in der Ukraine, und Deutschland ist durch den Import von fossilen Energien – Gas, Erdöl, Kohle – eng an Russland gebunden. 55% des hier verbrauchten Erdgases, 35% des Erdöls und 50% der Kohle stammen aus der Russischen Föderation. Die Konsequenz ist: Bis zu eine Milliarde Euro pro Tag fließt in Putins Kriegskasse. Mit unserem Hamburger Klimaschutzgesetz und dem Klimaplan sind wir in Hamburg auf Drängen der GRÜNEN bereits vorangegangen mit der Transformation zur Klimaneutralität. Im Angesicht der aktuellen Energiekrise wollen wir einen gesellschaftlichen Aufbruch organisieren und den bereits eingeschlagenen Weg der Transformation weiter intensivieren und beschleunigen:
I. Politik und Verwaltung müssen handlungsfähig sein.
Unsere Stadt und die Bürger*innen müssen auf Krisen vorbereitet sein. Sollte es zu Engpässen bei Gas-, Öl- und Kohlelieferungen kommen, müssen besonders vulnerable Gruppen und sensible Institutionen vorrangig geschützt und versorgt werden können. Wir brauchen ein transparentes Vorgehen und eine transparente Kommunikation in die Bevölkerung. Wir brauchen eine kooperative Verwaltung, die Bürger*innen bei Energienotlagen, bei der Vermeidung von Energieverbräuchen und bei den anstehenden technischen Innovationsprozessen kurzfristig beraten und unterstützen kann. Mit den verschiedenen Beratungsangeboten der Energielotsen hat die Umweltbehörde begonnen, die die nötigen Strukturen aufzubauen und verfügt über das Knowhow, die Bürger*innen aktiv anzusprechen und sowohl Mieter*innen als auch Eigentümer*innen bei Planungs-, Entscheidungs- und Umbauprozessen für Energieproduktion und -nutzung – vom Photovoltaik-Ausbau über regenerative Heizsysteme und Gebäudesanierung bis zu Wärmenetzen – zu begleiten. Diese Strukturen – auch auf bezirklicher Ebene – müssen erweitert werden. Dafür müssen die notwendigen Ressourcen aus Bund und Land schnellstmöglich abgerufen und bereitgestellt werden. Die Umweltbehörde sowie die Bezirksämter müssen in der aktuellen Situation kreative und handlungsfähige Partner der Bürger*innen sein.
II. Verständigung in der Stadtgesellschaft
Gemessen an ihrer Rolle bei der Finanzierung von Kriegen und der dramatischen Zuspitzung der Klimakrise, drängt der Abschied von fossilen Energien. Die Stadtgesellschaft muss sich über diese Situation verständigen. Die Beratung mit der Wissenschaft ist unverzichtbar, wenn wir Politik für die Zukunft machen wollen. Mit dem Klimabeirat hat der Senat ein dafür wichtiges Gremium bereits geschaffen.
Neben den Institutionen der repräsentativen Demokratie müssen unterschiedliche Kommunikationsmöglichkeiten entwickelt und genutzt werden. Notwendig ist dafür eine öffentliche und transparente Kommunikation in die Bevölkerung.
III. Unser Programm für Hamburg
Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gilt es, sofort zu handeln. Wir sehen dabei kurzfristige und mittelfristige Maßnahmen vor, um umgehend Energie zu sparen und den Weg in die Energiesouveränität zu beschleunigen.
Kurzfristige Maßnahmen
Wir fordern, dass:
- der Senat eine öffentliche Kampagne aufsetzt, die niedrigschwellig umsetzbare Energiesparmaßnahmen verständlich macht. Des Weiteren soll innerhalb dieser Kampagne auf die bestehenden Beratungsangebote durch die Hamburger Energielotsen hingewiesen werden. Diese Beratungsangebote sollen darüber hinaus ausgeweitet werden.
- Hamburg alle Bezugsquellen für Energierohstoffe, über deren Kauf die Stadt selbst bzw. stadteigene Gesellschaften entscheiden, überprüft. Wo immer das möglich ist, werden Lieferungen aus Russland gestoppt und durch andere Lieferungen ersetzt.
- Hamburg eine konkrete Planung für die Installation von Photovoltaik-Anlagen auf allen geeigneten Gebäuden, die sich direkt oder indirekt im Eigentum der Stadt befinden, auflegt.
- der Senat Gebäudeeigentümer*innen in Hamburg anspricht und mit Hinweis auf die Förderungen aus Bund und Land für Gebäudesanierungen wirbt.
- die seit mehr als 2 Jahren angekündigte „Machbarkeitsstudie“ zur Gebäudesanierung in der jetzt vorliegenden Fassung veröffentlicht wird, um Potenziale und Möglichkeiten der Gebäudesanierung transparent zu machen.
- der Einbau neuer Gasheizungen schnellstmöglich beendet wird. Dafür soll der Senat so schnell wie möglich ein Förderprogramm für den Tausch von Gasheizungen gegen solche auf Basis von erneuerbaren Energien mit Schwerpunkt Wärmepumpen aufsetzen. Dadurch wird ein starker Anreiz geschaffen, schon jetzt bei Heizungstausch auf Gasheizungen zu verzichten, bevor das Bundesordnungsrecht ab 2024 greift und die Bürger*innen dazu gesetzlich verpflichtet werden. Die dafür notwendigen Mittel muss der Senat bereitstellen.
- der Senat die Bundesregierung auffordert, ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen einzuführen sowie in den Städten die Rechtsgrundlage zu schaffen, einfacher und mehr Tempo 30 zu ermöglichen.
- das 9-Euro-Ticket nicht nur verbund-, sondern deutschlandweit gilt. Mit dem 9-Euro-Ticket entlasten wir viele Menschen, das ist ein großer und wichtiger Grüner Erfolg. Wir wollen das 9-Euro-Ticket zum Erfolg machen und damit nicht nur die Hamburger*innen um einen dreistelligen Millionenbetrag sozial entlasten, sondern mehr Menschen für die Nutzung des ÖPNV gewinnen und so viel Öl sparen.
Mittelfristige Maßnahmen
Wir fordern, dass:
- der Verzicht auf Kohlenutzung in der Fernwärme und ihr klimaneutraler Umbau weiter mit absolutem Vorrang behandelt wird.
- wir als Stadt unserer Vorbildrolle zur Unterstützung des verbindlichen Transformationspfades bis 2030 gerecht werden und demgemäß angestrebt wird, zukünftig städtische Bauvorhaben klimaneutral zu planen, zu bauen und zu betreiben. Hierzu sind geeignete Kriterien zu entwickeln bzw. vorhandene Zertifizierungssysteme anzuwenden.
- Hamburg bezugnehmend auf das „Osterpaket“ des Bundes die städtischen Förderungen bei Neubauten ausschließlich für Vorhaben mit dem Mindeststandard EFH-40 vergibt.
- Hamburg im Bundesrat die Durchsetzung von Sanierungspflichten für Gebäude mit den schlechtesten Energiestandards sowie eine Pflicht für Gebäudeeigentümer*innen, Sanierungspläne für ihre Objekte bzw. ihr jeweiliges Portfolio zu erstellen und vorzulegen, unterstützt. Die energetische Sanierung des Gebäudebestandes ist ein wichtiger Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit, da dadurch die finanzielle Belastung durch hohe Nebenkosten für Mieter*innen gesenkt wird.
- der Senat verpflichtet wird, darauf hinzuwirken, dass die Slots für Kurzstreckenflüge am Hamburger Flughafen– sie machen derzeit 20% aller Flüge aus – reduziert werden und Kontakt zu anderen Flughafenstandtorten (Berlin, Köln, Frankfurt, München) aufnimmt, um dort eine ähnliche Entscheidung zu erreichen. Gleichzeitig müssen wir uns weiterhin zielgerichtet für die Verbesserung einer attraktiven europaweiten Bahninfrastruktur einsetzen. Kommunikative Maßnahmen der Stadt Hamburg könnten darüber hinaus im öffentlichen Raum für einen Umstieg vom Flugzeug auf die Bahn (z.B. im ÖPNV) werben.
- Hamburg einen Plan für die energetische Sanierung aller städtischen Gebäude vorlegt. Soweit sie nicht an die Fernwärme angeschlossen werden können, müssen sie überwiegend mit erneuerbaren Energien beheizt werden. Hierbei sollen verfügbare Bundesmittel abgerufen werden.