Beschluss des Landesausschusses: Zukunftsperspektiven für Hamburg südlich der Elbe

PDF

Mit der Internationalen Bauausstellung (IBA) 2013 ist das südlich der Elbe gelegene Hamburg ins Bewusstsein aller Hamburgerinnen und Hamburger gerückt. Der Sprung über die Elbe hat die Stadtentwicklung in Hamburg vorangebracht, Attraktivität und Wirtschaftskraft unserer Stadt gesteigert, wesentliche Voraussetzungen für das Wachstum der Bevölkerung und ihres Wohlstands geschaffen und die Lebensqualität für viele Hamburgerinnen und Hamburger verbessert. Hamburg ist auf dem Weg, die überkommene Zweiteilung in einen Raum nördlich der Elbe für Wohnen und Leben und einen südlich der Elbe für Hafen und Industrie zu überwinden. Damit korrigieren wir schrittweise auch die Vernachlässigung der Interessen all derer, die schon immer südlich der Elbe gewohnt und gelebt haben und aus der Wahrnehmung der Stadt zumindest teilweise ausgeblendet waren.

Hamburg ist heute nicht mehr nur Hafenstadt, sondern ebenso sehr moderne Forschungsmetropole, Dienstleistungsstadt und Hauptstadt der Erneuerbaren Energien. Nur mit der Diversifizierung seiner Wohlstandquellen wird Hamburg den Anforderungen von Kooperation und Konkurrenz in der globalisierten Wirtschaft gerecht. Hieran haben wir Grüne nachhaltig und erfolgreich gearbeitet.

Der Hafen wird für Hamburgs Wirtschaft noch auf lange Sicht eine wichtige Rolle spielen. Die Planungen für seine Entwicklung müssen sich aber auf realistische Einschätzungen stützen. Das ist gegenwärtig nicht der Fall. Der Hafenentwicklungsplan beruht auf Wachstumsprognosen, die sich bisher nicht im Entferntesten verwirklicht haben und auch in Zukunft nicht mehr realisieren werden. Vielmehr hat sich der Containerumschlag im Hafen nach dem krisenbedingten Einbruch 2009 bei deutlich unter zehn Millionen TEU stabilisiert. Vor diesem Hintergrund muss auch dringend geprüft werden, inwieweit tatsächlich Bedarf für die aktuell praktisch zeitgleich geplanten zwei Querungen der Süderelbe im Abstand von weniger als 4 km besteht und wie diese Maßnahmen überhaupt finanziert werden können. Vor diesem Hintergrund werden wir in der nächsten Legislaturperiode eine neue Umschlagsprognose erarbeiten lassen, auf dessen realistischer Einschätzung wir einen neuen Hafenentwicklungsplan entwickeln

In diesem Prozess werden auch ein paar Themen dauerhaft auf den Prüfstand gestellt werden müssen: Dass durch eine Politik exzessiver Flächenbevorratung sinnvolle Entwicklungsperspektiven für den Stadtteil Moorburg verstellt werden und seine Einwohnerinnen und Einwohner in fortwährender Unsicherheit über ihre Zukunft leben, ist nicht länger akzeptabel. Planungen, die von vornherein einzelne Interessen privilegieren und sie damit von der Begründung ihrer Ansprüche weitgehend freistellen, können die Entwicklung Hamburgs nicht fördern, noch weniger Planungen, die auf überholten und unrealistischen Annahmen oder auf Wunschdenken beruhen. Die Maßstäbe von Kosten-, Ressourcen- und Flächeneffizienz, Umwelt- und Klimaverträglichkeit, sowie Dienlichkeit für die Stadtentwicklung müssen an alle Infrastrukturentwicklungen und so auch an den Hafen angelegt werden.

Dafür setzen wir Grüne uns seit langem ein. Eine Schlickdeponie in Moorburg haben wir nach jahrelangem gemeinsamem Kampf mit Bürgerinnen und Bürgern erfolgreich verhindert. Wir haben uns im Koalitionsvertrag für die laufende Legislaturperiode aber nicht mit allen Forderungen für eine zukunftsfähige Entwicklung im Süderelberaum durchsetzen können. Immerhin ist es uns gelungen, gemeinsam mit den Naturschutzverbänden einen Biotopkorridor in unmittelbarer Nachbarschaft sicherzustellen, welchen wir zusätzlich unter Naturschutz stellen werden. LMV und Senat haben diese Entscheidungen bereits getroffen.

Im Rahmen der neuen Umschlagprognosen brauchen wir auch neue Verkehrsprognosen, die Auskunft über die Sinnhaftigkeit von Köhlbrandquerungen geben. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Finanzierung der Ersatzlösung für die abgängige Köhlbrandbrücke alles andere als gesichert ist. Vor diesem Hintergrund muss auch der Bedarf und die Finanzierbarkeit von zwei Köhlbrandquerungen überprüft werden, auch wenn bereits die Finanzierung der Querung für die A 26 Ost durch ein Bundesgesetz verabschiedet worden ist. Viel mehr brauchen wir Ersatzlösungen bei der umweltfreundliche Verkehrsträger mitgeplant werden. Es bedarf für die Hafenentwicklung neue, auf realistischen Voraussetzungen beruhende Planungen, die der Bedeutung des Hafens für die Entwicklung der Hamburger Wirtschaft und für die Sicherung des Wohlstands unserer Stadt gerecht werden, und die gleichzeitig die Zukunft der Stadtteile südlich der Elbe und der Menschen, die dort leben, sichern.

Der Landesausschuss beschließt daher:

  1. Der Landesausschuss begrüßt den Stopp der Planungen zu einer Schlickdeponie in Moorburg.
  2. Der Landesausschuss fordert einen neuen Hafenentwicklungsplan auf der Basis realistischer Prognosen und Zielsetzungen für den Hafenumschlag und mit dem Ziel Moorburg aus dem Hafenerweiterungsgebiet zu entlassen.. Die Aspekte von Umwelt- und Stadtverträglichkeit müssen in diesen Plan von Anfang an mit eingehen, er ist daher im Dialog mit Wirtschaft, Wissenschaft, Verbänden und Zivilgesellschaft zu entwickeln.Ein wichtiges Ziel soll der weitgehend emissionsfreie Hafen bis 2035 sein.
  3. Wir setzen uns dafür ein, dass die Politik gemeinsam mit dem Runden Tisch Moorburg dauerhafte Perspektiven für den Stadtteil entwickelt, die klar über die bisher im Rahmen des Hafenentwicklungsgesetzes formulierten Regelungen hinausweisen. Moorburg soll wieder wachsen und sich entwickeln können. Privater Boden-und Immobilienerwerb muss wieder möglich sein. Die SAGA soll die Mittel für Sanierung und Erhalt der Häuser bereitstellen, damit Leerstand beendet wird und die denkmalgeschützten Häuser erhalten werden. Dazu gehört für uns auch zu prüfen wo im südöstlichen Teil des Hafenerweiterungsgebiets Moorburg I Flächen für Gewerbe und Logistik entwickelt werden können.
  4. Wir bekräftigen unsere Position aus dem Wahlprogramm 2015: Eine Verlagerung der Hafenunternehmen vom Kleinen Grasbrook ins Hafenerweiterungsgebiet Moorburg lehnen wir ab. Lösungen müssen im bisherigen Flächenbestand des Hafens gefunden werden.
  5. Die A26-Ost steht den Grundsätzen einer zukunftsorientierten Mobilität diametral entgegen und behindert auf lange Sicht die Umsetzung einer nachhaltigen, klimafreundlichen und stadtgerechten Verkehrsentwicklung in Hamburg.Angesichts der Abgängigkeit der Köhlbrandbrücke und der ungeklärten Finanzierungssituation für eine Ersatzlösung fordern wir eine Überprüfung der Planungen für eine Köhlbrandquerung. Diese muss einen kritischen Blick auf die bisherige Konzeption der A 26 Ost beinhalten, da die praktisch zeitgleiche Realisierung zweier Straßenquerungen der Süderelbe in Zeiten der Verkehrswende weder verkehrspolitisch sinnvoll noch finanziell darstellbar erscheint. Ökologische Verkehrsträger sollen dabei eine wichtige Rolle einnehmen.

Der LA fordert die grünen Mandatsträger auf, sich für diese Ziele einzusetzen; sie fordert den Landesvorstand auf, sie in die Koalitionsverhandlungen für die kommende Legislaturperiode einzubringen.