Zwischen 2020 und 2030 sollen in Hamburg 123 bestehende Schulen erweitert und 44 Schulen neu gegründet werden. Dies ist nötig, um einer um 25% steigenden Zahl von Schüler*innen gerecht zu werden. Für uns GRÜNE bietet sich uns hier die einmalige Chance, Hamburgs Schulgebäude so zu gestalten, dass sie eine zeitgerechte und zukunftsorientierte Pädagogik ermöglichen und fördern.
Moderner Unterricht braucht moderne Räume
Die bisherigen „Flurschulen“ – lange Gänge führen zu frontal ausgerichteten Klassenzimmern – waren vielleicht passend für Schulen des Industriezeitalters mit dem Ziel einer Belehrung im Gleichschritt. Heute verlangen individualisiertes und binnendifferenziertes Lernen, schulischer Ganztag, inklusive Bildung und die Orientierung an den Zielen der Bildung für nachhaltige Entwicklung auch andere Gebäude. Unterricht jenseits des Frontalunterrichts benötigt Einzel- und Gruppenarbeitsmöglichkeiten und auch die gerade erst begonnene Nutzung digitaler Möglichkeiten wird Schule weiter verändern.
Eine Schule, die nicht mehr „Lehranstalt“, sondern Lern- und Lebensort sein soll, muss sich auch räumlich verändern. Im Koalitionsvertrag 2020 von SPD und Bündnis90/Die Grünen ist daher festgelegt worden: „Die Koalitionspartner prüfen intensiv, wie bei der kommenden Gestaltung von Neubauten die Transformation der Lernumgebung möglich sein kann.“
Es ist eine große Herausforderung, Schulen zu bauen, die die nächsten 50-80 Jahre lang, also auch noch den Kindern und (Ur-)Enkelkindern der heutigen Schüler*innen passende Lernbedingungen bieten. Dies umso mehr, als dass wir die in einer künftigen Gesellschaft benötigten Kompetenzen und Anforderungen an Schule und Lernen noch gar nicht kennen. Umso wichtiger ist es, bei dieser gigantischen Zukunftsinvestition in unsere Schulgebäude alle Erkenntnisse, die uns die gegenwärtige Forschungslage und gelungene Beispiele des Zusammenspiels von innovativem Schulbau und erfolgreicher Pädagogik im In- und Ausland bieten, zu berücksichtigen.
Mit diesem Papier möchten wir als Zwischenfazit zur bisherigen Umsetzung des Hamburger Schul-Ausbauprogramms grüne Eckpunkte für den weiteren Programmverlauf formulieren.
1. Schulpersonal unterstützen
Der Bau oder die Erweiterung einer Schule ist ein Projekt, das (künftige) Schulteams enorm fordert und nicht mit den Bordmitteln eines laufenden Schulbetriebs zu stemmen ist.
Um der Verantwortung gerecht werden zu können, einen für das Lernen in den kommenden Jahrzehnten passenden Neu- oder Erweiterungsbau zu gestalten, brauchen Schulleitungen und pädagogische Teams ausreichend Ressourcen.
Im Einzelnen sehen wir Verbesserungsmöglichkeiten in folgenden Punkten:
- Um ein für die Schule passendes Raumkonzept zu gestalten, braucht es ein Konzept für die künftige pädagogische Arbeit der Schule. Es gilt, einen Blick auf die künftige Schüler*innenschaft und deren Anforderungen zu werfen, das Leitbild der Schule zu überarbeiten und dann Schlussfolgerungen zur Pädagogik und den dafür benötigten Räumlichkeiten zu ziehen. Dieser Prozess braucht Zeit. Die Schulen sollten drei, spätestens zwei Jahre vorher über den Baubeginn informiert werden.
- Bei Neugründungen müssen Schulleitungen und pädagogische Planungsteams rechtzeitig benannt werden und Planungssicherheit bekommen, d.h. die Pädagog*innen, die als Gründungsteams in die Schulplanung involviert sind, sollten sicher sein können, dass sie an der Schule, die sie mit viel Engagement planen, auch eingesetzt werden. Dies ist auch notwendig, um das erarbeitete pädagogische Konzept nach Schulbeginn mit allen an Schule Beteiligten gut in die Praxis zu bringen. Nicht nur die Schulleitungen sollen spätestens ein Jahr vor Schulbeginn freigestellt werden, auch das Schulbüro muss rechtzeitig besetzt sein, um beispielsweise schon die Anmelderunde um den Jahreswechsel herum begleiten zu können.
- Die Schulleitungen brauchen von Beginn der Planung an eine zeitliche Entlastung. Dies kann beispielsweise über zusätzliche WAZ-Stunden an die Schule oder über das frühzeitige Installieren einer Verwaltungsleitung geschehen. Auch die Arbeit der Gründungsteams sollte mit WAZ-Stunden berücksichtigt werden. Außerdem muss gewährleistet sein, dass auch im laufenden Schulbetrieb Planungstage organisiert werden können.
- Es ist eine Herausforderung, mit den Menschen von heute die Schule von morgen zu planen. Innovatives Denken braucht nicht nur zeitlichen und gedanklichen Freiraum, der im laufenden Schulbetrieb schwerlich ausreichend vorhanden ist, sondern auch Anregungen. Daher muss es ein funktionierendes Hospitations- und Schulungssystem geben, sodass von Schulen mit innovativen pädagogischen und räumlichen Konzepten gelernt werden kann. Auch die auf diese Weise regelmäßig besuchten Schulen brauchen einen Ausgleich für die aufgewendete Zeit.
Die Möglichkeit der Beratung durch Schulleitungen benachbarter Schulen, die Erfahrungen aus einem Gründungsprozess mitbringen, sollte weiter gefördert werden.
- Es bedarf einer guten Begleitung durch entsprechende Fachabteilungen des LIs, die die Schulleitungen und das Planungsteam kontinuierlich über den gesamten Prozess beraten, bei den bürokratischen Abläufen helfen, die konzeptionelle und pädagogische Arbeit fördern sowie die Schulleitung und das Planungsteam bei den konkreten Aushandlungen mit Schulbau Hamburg unterstützen.
2. Schüler*innenmitbestimmung ausbauen
Es bedarf einer aktiven Einbindung der Schüler*innenschaft in allen Phasen des Schulbaus. Die Schüler*innenschaft hat nicht nur eine beratende, sondern eine entscheidungsmittragende Rolle inne. Wenn keine Schüler*innenschaft existiert, da es sich um eine Neugründung handelt, gilt es die Kinder und Jugendlichen aus den angrenzenden Vierteln in einem strukturellen Beteiligungsprozess einzubeziehen. Die Prozesse der gesamten Schulbauplanung müssen so konzipiert sein, dass sie eine kind- und jugendgerechte Beteiligung ermöglichen.
3. Mindeststandards für Zukunftsfähigkeit sicherstellen
Um – wie im Koalitionsvertrag beschrieben – eine Transformation der Lernumgebung zu erreichen, sollten architektonisch-pädagogische Mindestnormen definiert werden, die bei jedem Schulneubau und umfangreichen Erweiterungsbauten umzusetzen sind. Auch wenn das „Hamburger Klassenhaus“ einen guten ökologischen Standard ausweist und durch individuelle Setzung der Wände einen gewissen Grad an Flexibilität aufweist, zeigt schon die Namensgebung wenig Zukunftsorientierung: statt „Klassenhäusern“ sollten besser „Lernhäuser“ gebaut werden, die darauf ausgerichtet sind, das Lernen im Gleichschritt zu überwinden, um jedem Kind und allen Jugendlichen gerecht werden zu können.
Folgende Standards sollten aus unserer Sicht unbedingt gesetzt werden:
- Für individualisiertes Lernen braucht es ruhige Arbeitsplätze und Möglichkeiten für Partner- und Gruppenarbeiten und natürlich die Möglichkeit, digitale Lernmedien überall nutzen zu können. Teiltransparente Räume ermöglichen eine Zusammenarbeit über verschiedene Lernräume hinweg. Multifunktionale Lernlandschaften bieten hier mehr Möglichkeiten als bisherige „Klassenräume“. Dies gilt es als Standard zu setzen. Klassenräume sollen die Ausnahme sein. Wenn in Schulen auf Klassenräume nicht verzichtet werden kann, müssen ausreichend Differenzierungsräume eingeplant werden.
- Veränderbare räumliche Strukturen helfen dabei, je nach Bedarf unterschiedlich genutzt zu werden und später auftretenden Bedürfnissen gerecht zu werden.
- Die Möblierung sollte grundsätzlich flexibel angelegt sein, beispielsweise über mobile Tafeln und flexibel nutzbare Möbel.
- Eine Schule, die den ganzen Tag genutzt wird, braucht Flächen und Möbel für vielfältige Aktivitäten und Ruhephasen. Um möglichst viel Fläche nutzbar zu machen, sollten Verkehrswege so gestaltet sein, dass sie mehr sind als Laufwege. Es braucht ansprechende und flexibel nutzbare Gemeinschaftsflächen. Da Schule zugleich ein Lebensort für junge Menschen ist, gilt es, Räume zur eigenen Ausgestaltung und zum Aufenthalt zu schaffen.
- Grünräume wie Schulgärten sollten integriert werden und von den Lerngebäuden im Idealfall direkt zugänglich sein. Zugleich sollen die Schulhöfe naturnah gestaltet sein und damit zum Lernen und Spielen anregen.
- Sporthallen und Außensportanlagen sind am Schulstandort oder in räumlicher Nähe der Lernräume vorzusehen, inklusionsorientiert zu gestalten und mit externen Nutzer*innen (z.B. Vereinen, Kulturorganisationen oder Stadtteilinitiativen) zusammen zu planen.
- Alle Neu- und Umbauten sind barrierefrei auszuführen, auch hinsichtlich Raumakustik und Lärmschutz sowie sicherer Orientierung auf Basis des 2-Sinne-Prinzips. Jede Schule benötigt außerdem Räume für verschiedenste Therapieansätze.
- Arbeitsräume für pädagogisches Personal – sowohl für die individuelle Arbeit als auch den Austausch in Teams – müssen so mitgeplant werden, dass ausreichend Arbeitsplätze für das gesamte Personal vorliegen, idealerweise in räumlicher Nähe zu den Lerngruppen. Auch ein ansprechender Aufenthaltsort für Pausen des Personals muss integriert werden. Ein zentrales „Lehrerzimmer“ entspricht nicht den Anforderungen an Teamarbeit, eine gesunde Work-Life-Balance und einen ganztägigen Schulbetrieb. Auch Räume für Beratungstätigkeit (Elterngespräche, Beratungsdienst, Berufliche Anschlussorientierung) müssen vorgesehen werden, um professionelle Arbeit auch in diesen Bereichen sicherzustellen.
- Küchen sollten grundsätzlich als Produktionsküchen geplant werden. Nur wenn dies aufgrund von Größe oder anderen triftigen Gründen nicht möglich ist, gilt es davon abzuweichen. Auch hier sollten mögliche Synergien mit externen Nutzer*innen frühzeitig bedacht werden.
- Für ein Lernen mit „Kopf, Herz und Hand“ haben sich Werkstatträume für Arbeiten mit Holz, Metall, Textil bewährt, um Schüler*innen auch praktische Erfahrungen mit Werkstoffen, Werkzeugen und Maschinen zu ermöglichen. Entsprechende pädagogische Konzepte sollten ermutigt und dafür erforderliche Werkstätten mit eingeplant werden.
4. Nachhaltig bauen
Schulbauten als große öffentliche Gebäude müssen einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Sie haben eine Vorbildfunktion und wirken in den Stadtteil hinein.
Folgende Aspekte sollten in Anlehnung an das Bewertungssystem „Nachhaltige Unterrichtsgebäude“ berücksichtigt werden:
- Schulen sind so zu planen, dass sie den pädagogischen Prinzipien der „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) entsprechen. Das gilt sowohl für den Bau als auch für den Betrieb, d.h. dass die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele gefördert wird.
- Wir begrüßen, dass folgende Standards bereits in den Ausschreibungen berücksichtigt werden und fordern deren verlässliche Umsetzung:
- Verwendung von nachhaltigen und schadstofffreien Baumaterialien
- Ressourcenschonende, flächensparende und kompakte Bauweise
- Nutzung von Photovoltaik und Solarthermie
- Dach- und Fassadenbegrünung
- Berücksichtigung einer hohen Energieeffizienz mindestens analog KfW 40
- Darüber hinaus sollte noch Folgendes beachtet werden:
- Es gilt im Sinne der Klimaneutralität im Bau 2040 klimaneutrale Schulen zu bauen
- Berücksichtigung von Vandalismusprävention beim Bauen
- Einplanung effektiven Rückbaus, Trennung und Verwertung
- Trinkwasserbedarf gering halten (z. B. wasserfreie Urinale), Regenwassernutzung prüfen.
- Bau von naturnahen Schulhöfen – am besten inklusive Schulgärten – gemäß des Koalitionsvertrages
- Möglichst hoher thermischer, akustischer und visueller Komfort (z.B. lichtdurchflutete Räume, gute Raumklimatisierung, Lärmschutz), beispielweise durch kontrollierte Lüftungsanlagen
- insgesamt möglichst geringe Lebenszykluskosten: Errichtung, Betrieb, Reinigung, Wartung, Instandsetzung
5. Sorgfältige Bausteuerung und wirksame Phase Null gewährleisten
Um die erarbeiteten innovativen pädagogischen Konzepte im Schulbau umsetzen zu können, ist die Phase Null der Bauplanung ein Schlüsselelement. Hier werden pädagogische und architektonische Überlegungen zusammengeführt und die Akteur*innen gewinnen ein Verständnis für die gegenseitigen Ziele und Möglichkeiten, um so gemeinsam ein belastbares pädagogisch-räumliches Baukonzept zu entwickeln. Damit sich diese Wirkung auch einstellen kann, ist uns Folgendes wichtig:
- Die Phase Null muss durch den Personenkreis umgesetzt werden, der auch im weiteren Verlauf des Prozesses verantwortlich ist.
- Der Prozess der Phase Null braucht ausreichend Zeit und Abstimmungsmöglichkeiten. Eine seriöse Phase Null benötigt mindestens sechs bis neun Monate Zeit mit regelmäßigen Austauschterminen, da der Schulentwicklungsprozess in Teilen parallel zum Schulbauprozess stattfinden muss.
- Die Projektsteuer*innen sollten Fachwissen zu Pädagogik und innovativem Schulbau mitbringen, entsprechende Weiterbildungen sollten zeitnah angeboten werden. Diese gilt es verpflichtend wahrzunehmen. Auf diese Weise wird das Verständnis für die Überlegungen der schulischen Planungsakteur*innen erhöht und leichter eine tragfähige Balance zwischen Finanzierungsrahmen und pädagogischem Zielbild gefunden. Damit die pädagogischen Aspekte nicht der monetären Kennzahlen-Steuerungslogik von Schulbau Hamburg zum Opfer fallen, müssen pädagogische Mindeststandards gesetzt (s.o.) bzw. pädagogische Erfolgsfaktoren definiert werden.
- Auch im weiteren Planungs- und Umsetzungsverlauf sollte die Mitwirkung der verschiedenen Akteur*innen mit einem klaren, transparenten Beteiligungskonzept sichergestellt sein. Dieses Beteiligungskonzept sollte auch die Entscheidungsbefugnisse der unterschiedlichen Akteur*innen regeln und dabei konstant die pädagogische Fachentscheidung als maßgeblich definieren.
6. Akteur*innen im Stadtteil einbinden
Im Sinne einer demokratischen Stadtteilentwicklung sollen von Beginn der Planungen an die Bewohner*innen und Einrichtungen des Stadtteils beteiligt werden.
Im Einzelnen schlagen wir folgendes vor:
- Einbezug der Wünsche und Anforderungen in Bezug auf außerunterrichtliche Nutzung der Schule, z. B. Elternschule, Bibliothek in Kooperation mit der öffentlichen Bücherhalle, Jugendzentrum, Sportmöglichkeiten, Stadtteilcafé, Veranstaltungsräume, bereits in Phase Null. So kann Schule als Lebensort im Stadtteil gestaltet werden.
- Einbezug der außerschulischen Nutzung des Schulgeländes über entsprechende „Möblierung“, z.B. (überdachte) Sitzmöglichkeiten, Bewegungsangebote, Kiosk.
- Mögliche Lernpartnerschaften im Stadtteil bereits bei der Planung bedenken und entsprechende Nutzungsmöglichkeiten berücksichtigen, z. B. Ruderclub, Werkstätten, Stadtteiltheater.
- Die Verkehrswege und das sonstige Umfeld der Schule sind so zu planen, dass sie einfach und sicher mit dem ÖPNV, zu Fuß und mit dem Fahrrad zu erreichen ist. Für Tretroller, Fahrräder und Lastenräder sind ausreichend (möglichst überdachte) Stellplätze, an denen sie sicher verwahrt werden können, einzuplanen.
7. Langformschulen, Bildungshäuser und andere Formen des integrierten Lernens forcieren
Im Koalitionsvertrag von 2020 steht: „Die Koalitionspartner werden (auch im Rahmen des Schulneubaus) die Gründung von Langformschulen, Bildungshäusern und anderer Formen integrierten Lernens prüfen und unterstützen.“
Es gilt, alle noch nicht begonnen Planungen von Schulen dahingehend zu prüfen, ob die Umsetzung einer Langformschule, eines Bildungshauses oder einer anderen Form des integrierten Lernens an dem Standort realisierbar ist. Es sollen überall da, wo sie räumlich zu ermöglichen sind, Gespräche mit den Planungsteams geführt werden, um die bisherigen Planungen in Richtung eines Schulstandorts des integrierten Lernens weiter zu entwickeln.
Um dies umzusetzen liegt es aus unserer Sicht auf der Hand, dass bei geplanten Neubauten von Kitas auf Schulgeländen von Beginn an eine enge Kooperation zwischen Schule und Kita mitgedacht und organisiert wird und Schule und Kitaträger frühzeitig ein gemeinsames pädagogisches Konzept erarbeiten. Das gleiche gilt natürlich auch für mehrere Schulformen auf einem Schulgelände.
8. Konzeptionelle Weiterentwicklung der Campus-Schulen
Das Konzept der Campus-Schulen ist noch immer weitestgehend unterdefiniert. Wichtig ist aus GRÜNER Sicht, die Campus-Schule konzeptionell weiter auszuarbeiten und pädagogische Konzepte wie das jahrgangsübergreifende Lernen, Lernwerkstätten oder das Abitur im eigenen Takt einzuplanen und zum Teil zu erproben.
9. Adäquate Ausstattung und Abläufe in der Verwaltung schaffen
Schulen in Neu- oder Erweiterungsbauplanung brauchen unterstützende Verwaltungsabläufe und Beratungssysteme. Sie dürfen nicht unter dem Deckmantel des Prinzips der Selbstverantwortung mit den Aufgaben weitgehend allein gelassen werden. Selbstverantwortung bedeutet für uns GRÜNE Entscheidungshoheit in einem funktionierenden Beratungssystem und Unterstützung in allen Prozessschritten, beispielsweise strukturierte Timelines und Checklisten sowie Beispielen/Muster/Prototypen mit Darstellung von Möglichkeiten, Vor- und Nachteilen.
Verbesserungsbedarf sehen wir bei folgenden Aspekten:
- Für die Schulen sollte transparent sein, wer im gesamten Bauverfahren für welche Aufgaben zuständig ist. Die Rollen von Schulbau Hamburg, der BSB-Stabsstelle Schulentwicklungsplanung und Schulbaucontrolling, involvierter Architekt*innen und der jeweiligen Schulleitung müssen klar sein und die Ansprechpersonen gut erreichbar.
- Die Abläufe in der Behörde müssen an die Anforderungen von Neugründungen von Schulen angepasst werden. Die erfolgte Einrichtung einer Schulaufsicht für Schulgründungen ist hier ein richtiger erster Schritt. Aber auch in bürokratischen Details müssen Prozesse so angepasst werden, dass beispielsweise nicht eine noch nicht erteilte Schulnummer an der Einstellung von Personal oder Bestellung von Möbeln hindert.
- Ein um 25% wachsendes Schulsystem benötigt entsprechende personelle Aufstockungen auch in den relevanten Bereichen der Verwaltung. Im ersten Schritt betrifft das natürlich die mit den Bauvorhaben betrauten Bereiche. Synergieeffekte können nur dann wirksam erzielt werden, wenn es Stellen gibt, an denen Anforderungen zusammenlaufen und Erfahrungen ausgewertet werden. Gibt es solche zentralen Stellen nicht oder nicht in adäquater personeller Ausstattung, werden ungleich mehr Ressourcen benötigt, da jede Schule „das Rad neu erfinden“ muss.
- Auch der deutliche erhöhte Personalbedarf an Schulen erfordert dringend eine vorausschauende Strategie, zumal Hamburg schon für den bisherigen Bedarf nicht bedarfsdeckend ausgebildet hat. Zu dieser Strategie gehören ein entsprechender Ausbau der Studienplätze, der Stellen im Vorbereitungsdienst und ein Konzept für eine sorgfältige Einbindung von Quereinsteiger*innen sowie ein Ausbau der Kapazitäten im Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung.
10. Baukosten anpassen
Die für den Schulbau vorgesehenen Investitionen mit über 4 Milliarden Euro sind gewaltig. Dennoch zwingt die Preissteigerungsrate dazu, eine Anpassung nach oben vorzunehmen. Allein von Dezember 2020 auf Dezember 2021 sind die allgemeinen Baukosten um rund 15% gestiegen.1 Da es immer teurer ist, einen bestehenden Bau nachzubessern, müssen im Sinne einer nachhaltigen Haushaltspolitik die Budgets so angepasst werden, dass die schulischen Bauvorhaben dennoch in der nötigen Qualität umgesetzt werden können. Die von Hamburg einkalkulierten Preissteigerungsraten sind im Vergleich zu anderen Bundesländern gering und selbst jene sind weit entfernt von den explosionsartig angestiegenen Preisen im Bausektor.
Auch bei der Ausstattung von Neubauten ist aus unserer Sicht eine Nachjustierung erforderlich: Der Etat, den die Schulen für die Möblierung erhalten, ist an den Tafeln, Tischen und Stühlen der Flurschulen ausgerichtet und für innovativ-pädagogische Schulbaukonzepte zu gering. Flexible Raumnutzungen erfordern mobile Ausstattung und ganztägig belebte Schulen brauchen auch adäquate und vielfältige Möbel. Wir halten es für unerlässlich, dass entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten geschaffen werden, um Schulen zu einem ganztägig attraktiven und wirksamen Lern- und Lebensort zu machen.
1 https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Konjunkturindikatoren/Preise/bpr110.html