Schon vor 1933 legten Polizeibehörden „rosa Listen“ über (vermeintlich) homosexuelle Männer an; im Nationalsozialismus wurden solche Karteien dann zentralisiert und zur Verfolgung genutzt. Diese Listen brachten am Ende tausende Personen, meist Männer, mit Rosa Winkel ins Konzentrationslager.
Register machen Minderheiten auffindbar – heute wie damals. Gerade in einer Zeit, in der Gewalt gegen TINA* Personen zunimmt, wäre eine solche behördliche Offenbarung und Speicherung ein Einfallstor für Missbrauch , insbesondere durch rechte Netzwerke in Polizei, Bundeswehr und Behörden. Listen dieser Art sind also gefährlich, wenn sie in falsche Hände gelangen.
Das Bundesinnenministerium plant, abgelegte Geschlechtseinträge und Vornamen von Personen, die das Selbstbestimmungsgesetz genutzt haben, dauerhaft behördlich kenntlich zu machen und weiterzugeben.
Die Bundesregierung hat die Abstimmung über die Verordnung zum geplanten Sonderregister für TINA* Personen am 17.Oktober 2025 kurzfristig von der Tagesordnung des Bundesrats abgesetzt.
Diese Absetzung zeigt, dass unser Protest wirkt: Es ist ein Ergebnis des Widerstands aus der Zivilgesellschaft und der TINA* Community, einer Petition mit hunderttausenden Unterschriften und der signalisierten Nicht-Zustimmung mehrerer Landesregierungen, vor allem durch Grüne Bemühungen.
Dieser Erfolg gibt uns Zeit zum Durchatmen und Neusortieren. Noch ist unklar, ob und wenn ja, wann das Anliegen nochmal von der Bundesregierung in den Bundesrat eingebracht wird. Das Anliegen kann fallen gelassen oder in überarbeiteter Form eingebracht werden. Doch bei der immer wiederkehrenden Hassrhetorik gegenüber queeren Personen müssen wir damit rechnen, dass das Bestreben der aktuellen Bundesregierung, ein solches Sonderregister einzuführen, nicht so schnell fallen gelassen wird. Wir müssen also weiter laut bleiben, unseren Protest organisieren und bereit sein, wenn es einen neuen Anlauf für so ein zutiefst diskriminierendes Vorhaben gibt.
Solche Sonderkennzeichnungen gefährden TINA* Personen, widersprechen dem Geist der Selbstbestimmung, den uns das Selbstbestimmungsgesetz bringen sollte, und öffnen Tür und Tor für Diskriminierung, Zwangsoutings und Missbrauch dieser sensiblen Daten. Wer heute Sonderregister schafft, baut die Infrastruktur für die Repressionen von morgen und schafft Nährboden für die nächste faschistische Regierung.
Wir fordern:
- Kein Sonderregister und keine Sonderkennzeichnung. Keine dauerhafte Speicherung oder Übermittlung abgelegter Geschlechtseinträge oder Vornamen über das absolut Notwendige hinaus.
- Es braucht ein echtes Offenbarungsverbot ohne Schlupflöcher. Frühere Einträge dürfen ohne ausdrückliche Einwilligung nicht offengelegt oder ausgeforscht werden, Ausnahmen müssen eng, verhältnismäßig und nachprüfbar begründet sein. Verstöße sollen konsequent sanktioniert werden.
- Verpflichtende Fortbildungen zu queerfeindlicher Diskriminierung in Verwaltung, Polizei, und Justiz. Es darf nicht sein, dass TINA* Personen Diskriminierung fürchten müssen, wenn sie in Kontakt mit dem Staat kommen. Anstatt sie auf Listen zu vermerken, muss der Staat TINA* Personen schützen.
- Aus der Geschichte lernen: Nie wieder Listen von Minderheiten. Die staatliche Erfassung queerer Identitäten hat historisch zu Ausgrenzung, Erpressbarkeit, Verfolgung und Ermordung geführt. Diese Fehler dürfen sich nicht wiederholen.
Bei einer erneuten Einbringung in den Bundesrat setzen sich die Grünen Senatsmitglieder erneut dafür ein, dass die Hamburger Landesregierung den Plänen für ein Sonderregister nicht zustimmt! Außerdem wird sich weiterhin über die Bundestagsfraktion stark gemacht, dass die Verordnung nicht erneut eingebracht wird.
Die Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war in den letzten Jahren eine ernstzunehmende Verbündete für TINA*-Personen. Wenn wir diesen Ruf behalten wollen, muss sich hier jetzt weiterhin stark gemacht und eine klare Kante aufgezeigt werden.