Die Drogenpolitik des CDU-Senates hat sich bisher vor allem durch Kürzungen, Repressionen und Kriminalisierung von Betroffenen ausgezeichnet, anstatt Präventionsarbeit und Überlebenshilfen in den Mittelpunkt zu stellen. Die GAL will dieser Politik, die die vielfältigen Ursachen für Sucht in der Gesellschaft ignoriert, eine alternative und verantwortungsvolle Politik entgegenstellen. Wir erkennen, dass Drogenkonsum jeglicher Art eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten darstellen kann. Wir setzen uns für verbesserte Aufklärung über die physischen und psychischen (Aus)Wirkungen von Drogen ein. Denn Drogen- und Suchtkompetenz von Konsumentinnen und Konsumenten ist Voraussetzung für einen verantwortungsvollen Umgang mit Drogen.
Mit der „Drogenprüfung“ oder dem so genannten Drug-Checking gibt es eine Methode, die eine oft verdrängte Tatsache anerkennt: Drogen werden gekauft und eingenommen. Gute und flächendeckende Präventionsarbeit kann den Konsum zwar teilweise eindämmen, doch niemals völlig verhindern. Unter Drug-Checking versteht man die chemische Analyse von zumeist auf dem Schwarzmarkt gehandelten bewusstseinsverändernden Substanzen. Konsumentinnen und Konsumenten sollen damit vor besonders gesundheitsschädlichen Präparaten gewarnt werden und somit sollen die Gefahren, die beim Konsum von Substanzen mit einer nicht bekannten Zusammensetzung entstehen können, vermindert und Drogenmündigkeit gefördert werden. Insbesondere der Reinheitsgrad, die Wirkstoffmenge und eventuelle Verunreinigungen stehen hierbei im Mittelpunkt der Untersuchungen.
Ziel der professionellen Überprüfungen im Labor oder durch Schnelltests ist es in erster Linie, das Wissen der Konsumenten über die Inhaltstoffe der Drogen zu verbessern. Teilweise werden zum Beispiel Ecstasy-Tabletten mit Speed, Koffein oder Paracetamol gestreckt, oder sie enthalten einen völlig anderen Wirkstoff wie z.B. Atropin. Physische und psychische drogenbedingte Schäden bei Konsum können im Rahmen eines Drug-Checking-Programms durch zielgruppenspezifische Safer-Use-Beratung und die Veröffentlichung von Drug-Checking-Ergebnissen minimiert werden
Momentan gibt es für eine Konsumentin oder einen Konsumenten keine Möglichkeit, die Qualität von gekauften Drogen zu überprüfen. Sie oder er muss sich auf das Wort des Dealers oder der Dealerin verlassen oder auf eigene Konsum-Erfahrungen und Berichte von Bekannten vertrauen. Hier trägt die Möglichkeit des Drug-Checkings dazu bei, die Drogenmündigkeit des Einzelnen zu vergrößern. Außerdem gibt es durch ein solches Angebot eine niedrigschwellige Möglichkeit, Konsumentinnen und Konsumenten im Rahmen der Präventionsarbeit anzusprechen und über die Risiken des Konsums aufzuklären. Darüber hinaus lassen sich erst auf Grund solcher Proben statistische Informationen über Verbreitung, Wirkstoffgehalt und Zusammensetzung von illegalisierten Drogen erlangen.
Erfahrungen mit Drug-checking gibt es bereits in zahlreichen europäischen Städten. So bietet beispielsweise das Projekt „Streetwork Zürich“ seit einigen Jahren vor Ort in Clubs Drug-Checking an. Einmal im Monat geschieht dies mit Hilfe eines mobilen Laboratoriums. Auch in deutschen Städten wie Berlin und Hannover gab es ähnliche Projekte. Internetseiten oder Publikationen, in denen Untersuchungsergebnisse veröffentlicht werden, finden vielerorts großen Zuspruch.
Im Rahmen einer von der europäischen Union geförderten Studie im Jahr 2002 wurden verschiedene Drug-checking-Projekte untersucht. Dabei ergaben sich erfreuliche Ergebnisse:
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Die Untersuchung konnte klar nachweisen, dass bei Konsumenten der Partydroge Ecstasy durch Drug-Checking eine Verhaltensänderung herbeigeführt wird. Je häufiger die Konsumenten ihre Pillen testen lassen, desto seltener konsumieren sie Ecstasy. Darüber hinaus konsumieren Tester in der Regel weniger Pillen, wenn ihr Testergebnis eine hohe Dosierung angibt.
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Etwa 81% der befragten Drogenkonsumenten gaben an, noch nie eine Drogenberatungsstelle aufgesucht hatten. Weit über der Hälfte der Befragten sagten, sie würden auf keinen Fall eine traditionelle Beratungsstelle aufsuchen. Die weitaus gefragteste Informationsquelle für Konsumenten von Ecstasy waren bislang Freunde und Bekannte, die schon Drogenerfahrung hatten. Durch Drug-Checking-Programme konnte dieses einseitige Informationsverhalten durchbrochen werden.
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An allen in der Studie untersuchten Orten verbesserte sich die Zusammensetzung der untersuchten Stoffe insgesamt in Folge regelmäßigen „Drug checkings“.
In einer Stellungnahme empfahl der europäische Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten daraufhin die Unterstützung und Ausweitung von Drug-checking-Projekten.
Ein Beschluss des Landgerichtes Berlin vom 01.03.1999 bestätigte die Legalität von Drug-checking in Deutschland. Per Schnelltest können von geschultem Personal auf Partys direkt vor Ort Untersuchungen chemischer Substanzen durchgeführt werden, mit denen allerdings nur ungefähre Ergebnisse über die Zusammensetzung erzielt werden. Zur Durchführung genauerer Analysen sind gemäß Betäubungsmittelgesetz momentan lediglich Apotheken berechtigt. Diese verfügen jedoch nur äußerst selten über die für diese Untersuchungen notwendigen Apparaturen. Gerichtsmedizinische Institute und andere Spezallaboratorien sind hingegen technisch für die Untersuchung von Ecstasypillen und andere psychotrope Substanzen bestens ausgerüstet.
Beschluss des Landesausschusses von Bündnis 90/DIE GRÜNEN GAL Hamburg vom 4. September 2007
Die GAL Hamburg hält das Verfahren des „Drug-checking“ für ein erfolgversprechendes Projekt, mit dem Drogenmündigkeit verbessert werden kann, Drogenkonsum oderdurch Drogenkonsum entstehende physische und psychische Schäden verringert werden. Die Prüfung eines solchen Vorhabens in Hamburg erachtet sie daher als begrüßens- und unterstützenswert. Aus diesem Grund sollen die konkreten Chancen und Möglichkeiten in einem Modellprojekt in Hamburg ausgelotet werden, bei dem alle verschiedenen Akteure der Drogenprävention und Drogenhilfe beteiligt werden.
Darüber hinaus setzt sich die GAL Hamburg dafür ein, parallel eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes dahingehend zu prüfen, dass es neben Apotheken auch anderen nachgewiesenermaßen sachkundigen Instituten und Laboratorien ermöglicht wird, Analysen chemischer Drogen durchzuführen und die erzielten Ergebnisse zu veröffentlichen.