Präambel
Beschluss der LMV vom 1. 11.2003 zur „Mobilität und Lebensqualität in Hamburg“ unter Punkt 1.2 (Barrierefreie Stadt): „Wir wollen Hamburg zur Hauptstadt der Barrierefreiheit machen. Alle Menschen, gleich ob mit Behinderung oder ohne, sollen einen umfassenden Zugang zu und eine uneingeschränkte Nutzung öffentlicher und frei zugänglicher Bereiche haben.“
Von dieser Forderung nach Barrierefreiheit ist Hamburg nach wie vor weit entfernt. Bis heute sind über 400.000 Bürgerinnen und Bürger betroffen, fast ein Viertel aller Hamburgerinnen und Hamburger: Neben 150.000 Besitzerinnen und Besitzern von Behindertenausweisen eine wachsende Zahl von Alten, die sich kaum noch fortbewegen können; ebenso Menschen mit Kurzzeitbehinderung, die Unfälle oder Krankheiten auskurieren; Mütter und Väter mit Kinderwagen; Menschen, die Fahrräder, Koffer oder sonstiges Gepäck mit U-, S-oder der Deutschen Bahn transportieren wollen.
„Mobilität“ bedeutet für Menschen mit Behinderung mehr als mit Auto, Fahrrad, zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln ans Ziel zu kommen, erforderlich ist eine andere Logistik: Barrieren gibt es auch dort, wo der “Normalbürger“ oder die „Normalbürgerin“ gar keine sieht. Wer merkt z.B., dass in Hamburg fast 100.00 Menschen in Wohnungen leben, die sie über Treppen eigenständig niemals verlassen können, weil sie körperbehindert oder krank sind und ein Fahrstuhl fehlt. Bei der Bundestagswahl 2013 waren nur 177 von den insgesamt 1276 Hamburger Wahllokalen für Menschen mit Behinderung ohne Probleme zugänglich.
Die UN Behindertenrechtskonvention von 2006, die seit März 2009 in Deutschland verbindliches Recht ist, wird nicht mal in Teilen umgesetzt. Deutschland hinkt auch weit hinter anderen europäischen Staaten hinterher, obwohl nach § 8 Personenbeförderungsgesetz bis 2022 für den ÖPNV die Barrierefreiheit hergestellt werden muß. So verlangt etwa das schweizerische Behindertengleichstellungsgesetz, dass der gesamte öffentliche Verkehr 20 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zum 31.12.2023 völlig barrierefrei ist . Das Gesetz gilt auch für „normale“ altersbedingte Einschränkungen indem es einen Menschen mit Behinderung definiert als „eine Person, der es eine voraussichtliche dauernde körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigung erschwert oder verunmöglicht, alltägliche Verrichtungen vorzunehmen, soziale Kontakte zu pflegen, sich fortzubewegen, sich aus- und fortzubilden oder eine Erwerbstätigkeit auszuüben“.
In Österreich können bauliche Barrieren nach den Bestimmungen des Bundes-Behinderten-Gleichstellungsgesetzes eine Diskriminierung darstellen und Schadenersatzforderungen nach sich ziehen. Schon vor zwei Jahrzehnten haben Behindertenverbände gemeinsam bei der Neugestaltung der Wiener U-Bahn Fahrstühle für alle Haltestellen durchgesetzt. Kürzlich hat die Stadt Wien in einer Änderung der Wiener Bautechnikverordnung die Rechtslage für barrierefreies Planen und Bauen verschärft, was z.B. die vorbildliche Ausstattung eines sanierten Universitätsgebäudes für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer mit eigenen Feuer-Sicherheitsschleusen (als feuersichere Station bis zum Eintreffen der Retter) und separat nur durch die Feuerwehr bedienbaren Fahrstühlen im Brandfall zur Folge hatte.
Der Landesausschuss hat deshalb beschloßen:
Partei, Bürgerschafts-und Bezirksfraktionen der GRÜNEN setzen sich zum Ziel, § 7 des Hamburgischen Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen vom 21.3.2005 (Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr und Kommuniation in leichter Sprache) endlich mit Leben zu erfüllen.
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Dazu zählen für Senat und Bezirke als Träger öffentlicher Gewalt u.a., dafür Sorge zu tragen
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dass der Umbau bei allen wesentlichen Straßenkreuzungen und Ampelanlagen endlich vollzogen wird, damit sie den Bedürfnissen von Rollstuhl- und Gehwagenfahrerinnen und -fahrern, Blinden und Menschen mit Seh- und Hörbehinderung gerecht werden.
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dass die grünen Rechtsabbiegerpfeile als Gefahrenmomente abgebaut werden.
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dass Beschleunigung der Umbaumaßnahmen des HVV und der Deutschen Bahn durchgesetzt werden (Grundsätzlicher Einbau von Fahrstühlen zu Bahnsteigen, für Menschen mit Behinderung geeignete Möglichkeit der Fahrtrichtungsänderung bei Rolltreppen oder Neuinstallation von Rollbändern statt Rolltreppen).
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Dass die stufenfreie Ausgestaltung der S-Bahnhaltestellen zu 96% bis 2016 vollzogen ist und darauf hinwirken, dass die S-Bahnstationen barrierefrei gestaltet werden.
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Dass die barrierefreie Ausgestaltung aller U-Bahnhaltestellen bis 2020 vollzogen ist.
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Dass bei allen Planungen bezüglich des HVV die Arbeitsgruppe „Barrierefreier ÖPNV in Hamburg“ sowie der Ausschuss „Seniorenfreundlicher ÖPNV“ beteiligt sind.
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Sichergestellt wird, dass die HADAG-Fähren die Belange von mobilitäts- und seh- und hörbehinderten Fahrgästen berücksichtigen.
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Dass in Hamburg flächendeckend barrierefreie Busse eingesetzt werden.
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dass die barrierefreie Zugänglichkeit öffentlicher und öffentlich zugänglicher Gebäude (Rathaus), Plätze (U/S-Umsteige-Bahnhöfe z.B. Jungfernstieg), Schulen und Hochschulen, Hotels oder Kaufhäusern hergestellt wird. Dazu zählt die Installation von elektronischen Anzeigetafeln, die bei Fahrplanabweichung(en) oder Einschränkungen zeitnah Informationen bereitstellen müssen. Grundsätzlich muss gewährleistet werden, dass Informationen, die über zielführenden Lautsprecherdurchsagen in Linienbussen und- Bahnen bzw. akustischen Einstiegshilfen auf Bahnhöfen bekannt gegeben werden, auch auf weiteren Kanälen zugänglich sind.
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dass Hamburg für Bau und Unterhaltung behindertengerechter Toiletten in hoch frequentierten Stadtteilen und Bezirkszentren aufkommt und dass alle der 185 öffentlichen Toiletten Hamburgs barrierefrei ausgebaut werden und die Informationen über die Verfügbarkeit von barrierefreien öffentlichen Toiletten besser bekannt gemacht wird.
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dass entsprechende DIN-Normen gesetzlich verbindliche Teile der Landesbauordnung werden und nicht länger nur Empfehlungscharakter haben.
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Kommunikation sowohl schriftliche als auch Darstellungen in leichter Sprache für alle Sozialträger einzuführen.
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Die Grünen unterstützen zusätzlich die Anliegen, eine inklusive Sozialraumentwicklung in Hamburg voranzubringen, die barrierefreie Ausgestaltung von Freiräumen und Grünflächen voranzutreiben und setzen sich dafür ein, dass besonders bei Beteiligungsprozessen zu Planungsvorhaben Menschen mit Behinderungen besser mit einbezogen werden.
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dass in Hamburg mehr barrierefreie Wohnungen gebaut werden und insbesondere auch für Menschen mit niedrigen Einkommen zur Verfügung gestellt werden und bezahlbar sind. Dafür wollen wir vorhandene Förderprogramme stärker nutzen und die SAGA/GWG dazu auffordern, den barrierefreien Umbau bzw. Neubau zügiger zu betreiben. Beispiel Hamburg: In Gebäuden mit mehr als vier Wohnungen muss die Wohnung eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein.
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Den Ambulantisierungsprozess weiter zu unterstützen und das Förderprogramm für besondere Wohnformen weiter zu betreiben. Stationäre Unterbringungen sollen nur noch die Ausnahme darstellen. Wir setzen uns dafür ein, dass Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt entscheiden können, wo und wie sie leben wollen.
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Zu prüfen, ob in Hamburg die Hygienevorschrift für Restaurants und Einkaufszentren dahingehend geändert werden kann, dass diese verpflichtend eine barrierefreie Toiletten zu ebener Erden vorsehen müssen.
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Dass Mietverträge zwischen Vermietern und Mietern mit einer Lernbehinderung in leichter Sprache abgeschlossen werden.
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dass Notfallfahrpläne des Nahrverkehs zusätzlich über das Internet verfügbar sind und bei Notfällen oder witterungsbedingten Ausfällen ein Kurznachrichtenservice auf Mobiltelefone (SMS) eingerichtet werden muss.
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dass Sicherheitsmaßnahen z.B. für den Brandschutz oder Notrufsäulen sowohl im HVV, als auch anderen öffentlichen Einrichtungen barrierefrei gestaltet sind. Hierzu zählen Brandschutzschleusen, in die sich Bewegungsbehinderte bei Feuer bis zur Rettung in Sicherheit bringen können und Fahrstühle, die die Feuerwehr auch bei Bränden zur Rettung der behinderten Menschen dank Akkuleistung nutzen kann. Im Weiteren auch Lichtsignal-Sirenen oder akustische Notleitsysteme.
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Die Kontakte zu und die Beratungen durch Behindertenorganisationen sollen verstärkt werden. Bei besonders eklatanten Verstößen gegen das Hamburgische Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen sollen die Behinderten- und Altenorganisationen bei Verbandsklagen gemäß §8 dieses Gesetzes unterstützt werden, und Verbandsklagen auch für Organisationen, die weniger als 1.000 Mitglieder haben zu ermöglichen.
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Zentrale und bezirkliche Verwaltungsstellen sollen bürokratische Hindernisse zur Gewährung von Erleichterungen für Menschen mit Behinderung abbauen (z.B. Wartezeiten von einem halben Jahr und länger bei der Änderung von Schwerbehindertenausweisen). Es bedarf auch einer Unterstützung bei der oft langwierigen Genehmigungsprozedur von Rollstühlen durch die Krankenkassen, sich auf Bundesebene für eine Reform der Eingliederungshilfe einzusetzen. Das derzeitige Leistungsrecht für Menschen mit Behinderungen ist hochgradig zersplittert. Dies hat zur Folge, dass Leistungen oft nicht oder nur unzureichend gewährt werden. Wir wollen, dass Menschen mit Behinderungen einen Rechtsanspruch auf Leistungen zur Teilhabe (Assistenz, Hilfsmittel, GebärdensprachdolmeterscherInnen, pädagogische Unterstützung usw.) erhalten und die Leistungen aus einer Hand erbracht werden und somit unnötige Wartezeiten oder gar die die Verweigerung von Leistungen verhindert wird. Wir wollen die Eingliederungshilfe hin zu einem echten Teilhabe und Rehabilitationsgesetz entwickeln. Die Eingliederungshilfe soll aus dem Sozialgesetzbuch herausgelöst werden und bei der Berechnung des Nachteilsausgleichs soll zukünftig das Einkommen und das Vermögen nicht weiter berücksichtigt werden. Die Tätigkeit der Senatskoordinatorin/des Senatskoordinators für behinderte Menschen kann nicht länger nur ehrenamtlich ausgeübt werden sondern muss institutionalisiert, mit ausreichend Personal und rechtsverbindlichen Entscheidungsgewalten ausgestattet werden. Das steht zu einer unabhängigen Ausübung des Amtes nicht im Widerspruch. Alle Unterlagen der Verwaltung, Sozialträger, Leistungsträger und Krankenkassen müssen auch in leichter Sprache angeboten werden
Begründungen:
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Nicht nur das Rathaus, sondern alle öffentlich zugänglichen Gebäude – also behördliche, geschäftliche wie private – müssen umgehend mit Fahrstühlen ausgestattet werden. Diese Fahrstühle müssen für Menschen mit Sehbehinderung mit großen erfühlbaren Tastenziffern, Blindeschrift-Angaben und Spracherklärung der Funktionen ausgestattet werden.
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0hne große Kosten können umgehend zunächst alle Rolltreppen mit einer sinnvollen einfachen Fahrtrichtungs-Umschaltung (Vorrangschaltung in Sekunden) verbessert werden und die unsinnige Verzögerungen durch zusteigende eilige Fahrgäste auf der jeweils anderen Seite der Rolltreppe nicht für halbe Stunden blockiert werden.
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Cafe- und Restaurantbesitzerinnen und -besitzer können – ähnlich wie bei den separaten Raucherräumen – durch entsprechende Gesetze dazu gezwungen werden, behindertengerechte Toiletten zu ebener Erde einzurichten und Küchen notfalls in den Keller zu verlegen. Wo das baulich nicht möglich ist, müssen in unmittelbarer Nähe öffentliche und behindertengerechte Toiletten durch die Stadt eingerichtet werden. Im jetzigen Zustand ist das Fehlen behindertengerechter Toiletten für behinderte und mobilitätseingeschränkte Personen oft ein Grund, in manchen Stadteilen nicht länger bleiben zu können.
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In Einkaufszentren müssen für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer und Eltern mit Kinderwagen nicht nur mit befahrbaren Rollbändern statt Rolltreppen ausgestattet werden. In die Handläufe müssen sich Rollstuhlfahrer (wie in Schweden) auch mit Haken einklinken können, um nicht zurückzurollen.
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Straßenkreuzungen mit Absenkungen auf 3 cm Restbordsteinhöhe (damit Blinde mit ihrem Taststock oder den Füßen eine Begrenzung fühlen), sind oft kaum überwindbare Hindernisse für Gehwagenfahrerinnen und -fahrer. Sinnvoll ist eine in vielen Ländern längst eingeführte totale Bordsteinabsenkung mit Begrenzungen aus kontrastreichen Platten mit Rillen (wie es sie auch schon an vielen U-Bahnsteigrändern gibt), die Menschen mit Sehbehinderung noch erkennen können und jeder Blinde mit dem Taststock oder den Füßen erfühlen kann. Totale Bordsteinabsenkungen, wie sie die GRÜNEN in Hamburg schon vor Jahren an Fahrradwegen über die Straßenkreuzungen hinweg durchgesetzt haben, können zunächst schon in rollstuhlgerechter Breite von mindestens 1,50 m bei jeder Neuverlegung von Kabeln und Rohren und nachfolgenden Erneuerungen von Bürgersteigflächen in Angriff genommen werden. Wie schlecht die stadteigene Bauplanung bislang funktioniert, zeigt sich derzeit wieder am Beschleunigungsprogramm für die Busse der Linie 5. Rollstuhl- und Gehwagenfahrer und –-fahrerinnen können die neuen Haltestellen oft nicht erreichen, weil die neuen Bordsteine an den Haltestellen-Inseln nicht abgesenkt sind.
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Zu kleine Rollator-Räder, die zwischen Bahnsteig und Bahn oder Bushaltestelle und Bustür eingeklemmt werden können, Rollstühle und Rollatoren, die personenbedingt zu klein oder zu groß bzw. zu breit oder zu schmal bemessen sind, dürfen (mit Hilfe des DIN) künftig nicht mehr zugelassen werden und müssen bei Türbreiten und Straßenbegrenzungen aus Metallrohr oder Beton noch alle genug Platz zur Durchfahrt finden.
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Behörden wie Krankenkassen sollten grundsätzlich zügig bei allen tatsächlich vorhandenen und ärztlich bescheinigten Körperbehinderungen sofort Genehmigungen für Ausweise und Hilfsmittel ausstellen und nicht erst monatelang Vertrauensärztinnen und Vertrauensärzte (manchmal ohne Fahrstuhlzugang!) hinzuziehen, die die Notwendigkeit bescheinigen müssen, ohne die der Mensch mit Behinderung am Verkehr nicht teilnehmen kann. Noch immer warten Menschen mit physischer und psychischer Behinderung über Monate auf Behindertenausweise, die ihre Partnerinnen und Partner zum Parken auf Behindertenparkplätzen vor Ärztepraxen berechtigen.
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Einzelne Krankenkassen verweigern trotz anderslautender gesetzlicher Regelungen immer noch im ersten Anlauf Menschen mit beidseitiger Hörbehinderung ein Hörgerät für beide Ohren. Ohne die funktioniert aber dreidimensionales Hören nicht. Damit fehlt auch die Möglichkeit, die Entfernung eines herannahenden Autos richtig einzuschätzen und so droht Lebensgefahr. Auch alte E-Rollstühle werden Menschen mit Behinderung bei einigen Kassen noch gern aus dem Bestand angedreht, obwohl denen oft ein Warnblinklicht fehlt, dass das Ende der Akkuleistung anzeigt. Folge: Der Rollstuhl kann auf Straßenkreuzung plötzlich stehen bleiben und von Autos überrollt werden. Solche Kassenleistungen müssen deshalb künftig unter Strafe gestellt werden.
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Barrierefreiheit bedeutet auch für blinde und hörbehinderte Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer gewöhnlich etwas völlig Anderes, als für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer oder Gehstocknutzerinnen und Gehstocknutzer. Darum muss für sie auch eine andere Form von Barrierefreiheit bedacht werden:
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Für Menschen mit Sehbehinderung sollten Busse und Bahnen mit Außenlautsprechern ausgestattet werden, die den Menschen mit Sehbehinderung an den Stationen die Liniennummer und die Zielstation zurufen. Außerdem müssen an Bahnhöfen wieder Lautsprecher ansagen, ob ein Vollzug oder ein Halbzug einlaufen wird und wo eine Blinde oder ein Blinder jeweils den Einstieg finden kann.
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Die Abschaffung des aus DDR-Zeiten stammenden grünen Rechtsabbiegerpfeils, der Autos erlaubt, hier auch bei Rotlicht vorsichtig weiterzufahren, ist fällig. Dieser Pfeil kann nämlich häufig zu Unfällen führen. Blinde, die z. B. separate Ampelschaltungen am Fußgängerüberweg nur als Signalton wahrnehmen, treten auf die Straße und werden häufig – ähnlich wie Radfahrerinnen und Radfahrer auch – übersehen und überfahren.
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Selbst in der Innenstadt werden oft nur an jeder 5. bis 7. Ampelkreuzung die Lichtsignale durch Tonsignale für Menschen mit Sehbehinderung ergänzt. Häufig sind dort auch noch Lautsprecher defekt und senden mangels Wartung sogar falsche Signale aus. Und an kilometerlangen Ausfallstraßen fehlen akustisch aktive Ampeln meistens ganz, so dass Menschen mit Sehbehinderung es nicht riskieren können, die mehrspurige Straße irgendwo zu überqueren. Hier ist Abhilfe überfällig.
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Menschen mit Sehbehinderung benötigen besonders in unterirdisch verzweigten Gängen von Bahnhöfen und bei Stufen, Glas-und Drehtüren große, deutlich erkennbare und erfühlbare Orientierungshilfen und akustische Wegweiser. Sie müssen sich am Geruch der Backstube und am Luftzug zum Ausgang bewegen können. Die Trennung von Fußwegen zu den gefährlichen Radwegen muss mit dem Taststock eindeutig erfühlbar sein und akustische Warnsignale müssen vorm Sturz bei Hindernissen und Baustellen schützen.
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Sehbehinderte haben gegenüber ihrer Krankenversicherung oder Beihilfestelle den Anspruch auf Erstattung von erweiterter Computerausstattung, die es ermöglicht, die Schrift auf eine lesbare Größe aufzublasen und E-Mails, gedruckte Bücher oder Zeitungen in akustische Signale zu übersetzen, die ihnen den Text vorlesen.
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Für Menschen mit Hörbehinderung bzw. Taube ist es nötig, dass alle Kirchen, Konzertsäle, Ausstellungs- und Vortragsräume. Theater und Museen, Schulen und Universitäten mit Induktionsschleifen im Boden, mit Infrarotsendern oder Funkübertragung ausgestattet werden, die durch Umschaltung des Hörgerätes oder durch geeignete Leih-Kopfhörer eine verständliche Übermittlung gesprochener Worte oder gespielter Klänge anbieten und dass die Kassiererinnen und Kassierer und die Platzanweiserinnen und Platzanweiser wissen, wo, wie und an welchen Stellen des Saales die Technik zur Verfügung steht. Für Taube empfehlen sich große Untertiteleinblendungen, wie sie deutsche Theater-Gruppen auch bei Auslandsvorstellungen nutzen. Wo das nicht möglich ist, müssen Gebärdendolmetscherinnen und Gebärdendolmetscher jederzeit zur Verfügung stehen.
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Anzeigetafeln, Piktogramme, Orientierungshilfen oder Wegweiser auf Bahnhöfen sind meistens zu klein und wirken in der Regel verwirrend, besonders für Menschen mit Sehbehinderung. Änderungen wären durch schriftliche Forderungen gegenüber der Deutschen Bahn, der HHA bzw. beim HVV oder bei Hamburgs Senatskoordinatorin für die Gleichstellung behinderter Menschen abstellbar. Betroffene sollten sich immer schriftlich äußern (und möglichst als Verband) , wenn ihnen verständliche Orientierungshilfen wie zum Beispiel zielführende Wegpflasterungen, erfühlbare und ertastbare Wand- und Bodenindikatoren und Muster wie Rillen verschiedener Breite und Richtung fehlen.
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Menschen mit Hörbehinderung bzw. völlig taube Menschen erschrecken, wenn sie in einer Stadt der 1000 Geräusche erst in letzter Sekunde erkennen, was ihnen akustisch entgangen ist. Nach Jahrzehnten der Inaktivität müssen diese Menschen jetzt in der Öffentlichkeit endlich klar lesbare, verständliche Anweisungen und Signale erhalten, wie sie sich orientieren sollen. Wer als Hörende oder Hörender nicht versteht, wie sich eine Welt ohne Töne darstellt, sollte sich auf den Hauptbahnhof stellen, die Ohren zuhalten und versuchen, allein mit den schriftlichen Anzeigen rundherum klarzukommen. Das wird niemandem gelingen. Deshalb ist eine Überprüfung und Überarbeitung aller schriftlichen Informationen auch für Reisende mit Hörbehinderung auf Anzeigetafeln, Bildschirmen und Wegweisern an allen Punkten der Stadt unter Mitarbeit der „Expertinnen und Experten“ der betroffenen Behindertenverbände nötig.