Kommunikation und Beteiligung 3.0

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Mit den Beschlüssen „Mehr Kommunikation – bessere Beteiligung“ vom 31. Januar 2012 und „Kommunikation und Beteiligung 2.0“ vom 30. Mai 2015 haben wir uns als GRÜNE Hamburg mit unseren Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen auseinandergesetzt. Viele etablierte Formen der Zusammenarbeit und Beteiligungsmöglichkeiten sind in diesen Prozessen entstanden, weiterentwickelt und geschärft worden. 2015 haben wir sie im Hinblick auf eine neue Regierungsbeteiligung kritisch unter die Lupe genommen und Lehren aus vergangenen Regierungsbeteiligungen gezogen. Seitdem hat sich die Landespartei stark verändert: Wir sind auf über 4.500 Mitglieder angewachsen und haben uns damit mehr als verdoppelt. Wir haben unsere Arbeitsweisen im Zuge der Corona-Pandemie an vielen Stellen angepasst. Wir regieren in deutlich mehr Bezirken – teilweise auch von vorne – mit und sind 2020 mit 24,2 % in deutlich gestärkte Regierungsverantwortung auf Landesebene gewählt worden. Auf dieser Basis wollen wir unsere Strukturen erneut kritisch betrachten, schauen, was gut läuft und was wir weiterentwickeln und anpassen wollen. Im Zentrum stehen dabei die Rollenverständnisse der verschiedenen grünen Ebenen und unsere Kommunikations- und Beteiligungsstrukturen, auch in Krisensituationen. Außerdem nehmen wir die Strukturen der Zusammenarbeit zwischen Partei und Bürgerschaftsfraktion sowie Landes- und Bezirksebene besonders unter die Lupe.

Kapitel 1: Rollenklarheit & Beteiligungsstrukturen

Etablierte Regierungspartei: Zusammenspiel Landesvorstand – Fraktionen – Senat

Seit unserer Regierungsbeteiligung ab 2015 hat sich ein grundsätzlich gut funktionierendes Zusammenspiel zwischen Senator*innen, Bürgerschafts- und Bezirksfraktionen sowie Parteivorstand entwickelt. Die im Beschluss „Kommunikation und Beteiligung 2.0“ definierten Rollen der drei Ebenen haben sich in anderthalb Legislaturen Reality-Check bewährt. Für die Zukunft muss es darum gehen, dass die formulierten Rollen und Aufgaben weiterhin verantwortungsvoll und an einzelnen Stellen noch konsequenter ausgefüllt werden.

Im Einzelnen bedeutet das:

  • Die grünen Senatsmitglieder und ihre Staatsrät*innen dienen weiterhin in erster Linie der Stadt, nicht der Partei. Sie organisieren auf Basis des Koalitionsvertrages das praktische und tägliche Handeln von Regierung und Verwaltung. Sie sind verantwortlich für die Umsetzung des Vertrages in ihren Ressorts und für ein Frühwarnsystem gegenüber der Partei bei kritischen Themen innerhalb und außerhalb des Vertrages. Der regelhafte Austausch zwischen Senat, Fraktionsvorstand und Parteiführung findet dabei in den wöchentlichen grün-internen Senatsvorbesprechungen (GVBen) statt. Die Senator*innen und ihre Staatsrät*innen sind dazu angehalten, diesen Ort konsequent für die Weitergabe relevanter Informationen und die kritische Diskussion brennender Themen in ihren Ressorts und dem allgemeinen Regierungshandeln zu nutzen.
  • In der grünen Bürgerschaftsfraktion liegen die fachlichen Kompetenzen sowie – seit der Legislatur ab 2020 in neuer Quantität – die personellen Ressourcen zur inhaltlichen Begleitung des Regierungshandelns. Sie sichert in den Parlamentsausschüssen und dem Bürgerschaftsplenum das Regierungshandeln und begleitet die Umsetzung des Koalitionsvertrages konstruktiv. Sie vertritt die grüne Position auch in den Bereichen, in denen die grünen Behörden nicht originär zuständig sind. Es ist Aufgabe der Bürgerschaftsfraktion, für die grünen Positionen in der Stadt zu werben und ihr Handeln in der Bürgerschaft aktiv in die Partei zu kommunizieren. Zur Kommunikation in die Partei hinein haben sich dabei unter anderem bewährt: die Berichte aus der Bürgerschaft, die der Fraktionsvorstand per Mail an die Partei verschickt, parteiinterne Mitgliederabende zu aktuellen und insbesondere kritischen Themen, die gemeinsam mit dem Landesvorstand umgesetzt werden, die Teilnahme der Fachabgeordneten an den Sitzungen der entsprechenden LAGen, sowie seit dieser Legislatur ein Signal-Channel als schneller Informationskanal über die parlamentarische Arbeit. Diese sollen weiter konsequent umgesetzt werden1. Auch eine personelle Verknüpfung durch Abgeordnete, die Teil des Landesvorstandes sind, hilft bei der Kommunikation zwischen Partei und Fraktion. Gerade in Krisensituationen hat sich gezeigt, dass ein schneller und zuverlässiger Austausch mit dem gesamten Landesvorstand über die monatlich stattfindenden gLaVo-FraVo-Sitzungen hinaus essenziell ist. Der Fraktionsvorstand hat dementsprechend die Verantwortung, für die Partei kritische Themen, die über die interne Organisationsstruktur der Bürgerschaftsfraktion hinausgehen, aktiv in den Landesvorstand hineinzutragen. Möglichkeiten zur Bearbeitung der Themen sind (Sonder-)Landesvorstandssitzungen, an denen der Fraktionsvorstand teilnimmt oder auch die Teilnahme des Landesvorstandes an Sitzungen der Fraktion bzw. des Fraktionsvorstandes.
  • Auch in unserer gewachsenen Regierungspartei ist der Landesvorstand weiterhin das strategische Zentrum unserer langfristigen Politikentwicklung. Hier werden zwischen den Landesmitgliederversammlungen und Landesausschüssen die für die grüne Partei wichtigen Entscheidungen getroffen und die Rückkopplung mit für uns wichtigen Entscheidungen von Senat und Fraktion organisiert. Der Landesvorstand gestaltet die Prozesse zur Weiterentwicklung unserer Programmatik und längeren Linien über die aktuelle Legislaturperiode hinaus. Wenn sich politische Probleme und Herausforderungen ankündigen, muss der Landesvorstand davon erfahren, darüber diskutieren und über verschiedene Ebenen die Beteiligung der grünen Gremien und Parteimitglieder sicherstellen.

Als Herausforderung hat sich in der Vergangenheit die stark auseinanderfallende Ressourcenausstattung zwischen dem geschäftsführenden Landesvorstand und dem gesamten Landesvorstand erwiesen. Die Professionalisierung des geschäftsführenden Landesvorstandes ist wichtig, denn nur durch umfangreiche Zeitressourcen, insbesondere der Ämter der Landesvorsitzenden, kann gerade in Regierungszeiten die Beteiligung der Partei am Regierungshandeln auch praktisch umgesetzt werden. Darüber hinaus kann so eine professionelle Führung der Landesgeschäftsstelle gewährleistet werden. Deshalb haben wir diese Entscheidung als Partei bewusst getroffen und im Rahmen der 2015 eingesetzten Strukturkommission die weitere Professionalisierung des geschäftsführenden Landesvorstandes auf den Weg gebracht. Gleichzeitig kann von den weiteren Mitgliedern des Landesvorstandes nicht die Einbringung vergleichbarer zeitlicher Ressourcen erwartet und geleistet werden. Hierdurch kommt es teilweise zu Hierarchien, vor allem in Form von Wissensvorsprüngen. Der geschäftsführende Landesvorstand und insbesondere die beiden Landesvorsitzenden stehen deshalb in der besonderen Verantwortung, die aktive Weitergabe und gemeinsame Beratung von kritischen Themen aus Senat und Fraktion in den gesamten Landesvorstand sicherzustellen. Die weiteren Landesvorstandsmitglieder haben ihrerseits die Aufgabe, die Beratung von kritischen Themen einzufordern sowie frühzeitig auf Probleme, Widerstände und Kritik hinzuweisen, die sie aus der Partei vernehmen.

  • Die Bezirksfraktionen setzen grüne Ideen vor Ort in den Stadtteilen und Bezirken um. Bezirkliche Entscheidungen betreffen die Menschen oft sehr direkt, und sie erleben dadurch unmittelbar die Folgen politischen Handelns. Durch die Bezirksabgeordneten und die zugewählten Bürger*innen haben grüne Bezirksfraktionen das Ohr direkt an der Parteibasis sowie der Stadtgesellschaft und sind ein guter Seismograph für Stimmung und mögliche Probleme. Über die regelmäßigen Runden der Bezirksfraktionsvorsitzenden mit dem*der Fachsprecher*in für Bezirke in der Bürgerschaft sowie über die Einbindung der grünen Bezirksamtsleitungen in der GVB gibt es einen kontinuierlichen Austausch. Die Bezirksfraktionen haben die Verantwortung, kritische Themen, bei denen sie die Unterstützung der Landesebene benötigen, frühzeitig anzumelden. Im Umkehrschluss sind Senat, Bürgerschaftsfraktion und Landesvorstand dafür verantwortlich, kritische Themen, die in der Zuständigkeit der Bezirke liegen, jedoch im übergeordneten Interesse der Landesebene sind, frühzeitig bei den betreffenden Bezirksfraktionen anzumelden. Senat, Bürgerschaftsfraktion und Landesvorstand sind dann gefordert, geeignete Formate zur Besprechung und Lösung dieser Themen anzubieten.
  • Seit der Bundestagswahl 2021 haben wir mit vier Bundestagsabgeordneten erstmals eine wirkliche kleine Landesgruppe in Berlin. Die Bundestagsabgeordneten tragen insbesondere durch die grüne Regierungs in Berlin eine besondereVerantwortung zum einen für die Kommunikation bundespolitischer Themen nach Hamburg zum anderen für die Hamburger Erwartungen an die Bundespolitik nach Berlin. Die Bundestagsabgeordneten stehen in der Verantwortung, auf kritische Themen gegenüber Landesvorstand, Fraktion und Senat hinzuweisen und gegebenenfalls eine Hamburger Positionierung einzufordern. Hier hat sich bewährt, dass die Hamburger Bundestagsabgeordneten über ihre eigentlichen Fachverantwortlichkeiten hinaus die Zuständigkeit für Themen gegenüber dem Landesverband aufgeteilt haben und auch Ansprechpartner für die Kreisverbände ohne direkt gewählte MdBs benannt haben. Soweit möglich, nehmen die MdBs bzw. ihre Büros darüber hinaus an Sitzungen der Bürgerschaftsfraktion teil.

Kommunikations- und Beteiligungsstrukturen als stark gewachsene Partei

Entscheidend für unseren Erfolg ist nicht nur ein gutes Zusammenspiel zwischen Landesvorstand, Bürgerschaft und Senat, sondern auch funktionierende Kommunikations- und Beteiligungsstrukturen zwischen Parteispitze und Partei. Wir GRÜNE in Hamburg wollen, dass politische Leitentscheidungen in klaren und transparenten Verfahren, durch legitimierte Gremien und mit der Chance zur innerparteilichen Diskussion getroffen werden. Gleichzeitig ist auch das Vertrauen in das autonome Handeln im grünen Sinne untereinander ein enorm wichtiges Gut. Denn dieser Anspruch steht ohne Zweifel im Spannungsfeld zu schneller Aktions- und Reaktionsfähigkeit im täglichen Regierungshandeln und bringt durch unser großes Mitgliederwachstum der vergangenen Jahre neue Herausforderungen mit sich. Wir kapitulieren jedoch nicht vor dieser Herausforderung, sondern versuchen beides unter den neuen Bedingungen in den bestmöglichen Ausgleich zu bringen. Es ist klar, dass der Landesvorstand, wie auch die anderen legitimierten Gremien, nicht jede einzelne Entscheidung mit jedem Gremium und jedem Parteimitglied abstimmen kann. Für alltägliche Entscheidungen ist der Landesvorstand von der Partei gewählt. Er muss aber Transparenz über seine Entscheidungen herstellen. Darüber hinaus steht er in der Verantwortung, größere politische Entscheidungen sowie kritische Themen mit der Partei und unseren Gremien rückzukoppeln und Beteiligungsstrukturen zu organisieren. Wir haben uns als GRÜNE Hamburg immer wieder mit der Frage auseinandergesetzt, wie das am besten gelingen kann und in Einklang mit den begrenzten zeitlichen Ressourcen ehrenamtlichen politischen Engagements zu bringen ist. Wir haben Erfahrungen und Experimente mit neuen Formaten regelmäßig evaluiert und Strukturen an neue Rahmenbedingungen angepasst.2 An vielen Stellen funktionieren die gewachsenen Kommunikations- und Beteiligungsstrukturen sehr gut. Wir müssen das Rad also nicht neu erfinden, sondern wollen die bisherigen Beteiligungsstrukturen erneut evaluieren. Die Erfahrungen der aktuellen Legislatur haben dabei an bestimmten Stellen noch Verbesserungsbedarf sichtbar gemacht.

Landesvorstandssitzung
Die Landesvorstandssitzung ist der Ort, an dem ganz offiziell und legitimiert strategische Fragen in regelmäßigen Abständen diskutiert werden sollen, bei Bedarf zweigeteilt in einen parteiöffentlichen und einen internen Teil. Die Sitzungen des Landesvorstandes sollen der Ort sein und noch mehr werden, an dem die Gliederungen und Mitglieder ihre Anliegen, ihre Kritik und ihre Forderungen einbringen und sicher sein können, dass diese weiterverfolgt und nachvollziehbar entschieden werden. Landesarbeitsgemeinschaften, Kreisvorstände und grüne Gremien können hier wichtige Anliegen anmelden und mit dem Landesvorstand besprechen. Diese Möglichkeit wurde in der Vergangenheit trotz des formulierten Angebots nur eingeschränkt genutzt. Der Landesvorstand ist deshalb künftig angehalten, unter anderem im Rahmen der per Mail versendeten Sitzungseinladungen, noch deutlicher auf diese Möglichkeit hinzuweisen. Grüne Gremien stehen in der Verantwortung, die Beratungsmöglichkeit in den Landesvorstandssitzungen bei Bedarf auch wirklich zu nutzen. Strategiekreis
Im Zuge der ersten rot-grünen Koalition ab 2015 wurde das Gremium des Strategiekreises eingeführt, das an den Landesvorstand angebunden ist und mit einem transparenten Teilnehmer*innenkreis, bestehend aus unseren Senator*innen, dem Fraktionsvorstand, dem Landesvorstand sowie den Hamburger Bundestagsabgeordneten, circa vierteljährlich tagt. Hier werden zentrale strategische Fragen der Politikentwicklung der GRÜNEN Hamburg beraten und gemeinsame Linien zwischen den Ebenen abgestimmt. Der Landesvorstand hat sicherzustellen, dass Informationen aus dem Strategiekreis unter Einbehaltung der notwendigen Vertraulichkeit in die Parteigremien kommuniziert werden, für die sie relevant sind.ParteitageLandesausschuss (LA)
Der Landesausschuss ist das höchste beschlussfassende Gremium zwischen den Landesmitgliederversammlungen. Spätestens seit der Corona-Pandemie, die temporär das Abhalten von LMVen , hat sich der Landesausschuss zunehmend als echter kleiner Parteitag etabliert, der nicht nur als notfallmäßiger Ersatz für LMVen bei kurzfristig zu fällenden Entscheidungen dient. Beim Landesausschuss wird ein kritisch-konstruktiver Blick auf die Arbeit von Regierung und Fraktion organisiert, grüne Programmatik vorangebracht und auch durch Presseanwesenheit öffentliche Aufmerksamkeit erzielt. Diese Rolle des Landesausschusses wollen wir weiter festigen. Damit der Landesausschuss noch stärker ein Ort für kritische Debatten wird, muss die Vorbereitung der Delegierten aus den Kreisverbänden verbessert werden. Dafür soll der Landesvorstand zukünftig zur Vorbereitung auf LAs Landesvorsitzenden-Kreisvorsitzenden-Treffen abhalten und die Kreisvorstände sollen auf dieser Basis Delegiertentreffen in ihren Kreisverbänden organisieren. Darüber hinaus ist der Landesvorstand angehalten, Termine für LAs (wie auch für LMVen) frühzeitig zu kommunizieren und sich für Leitanträge an den längeren Fristen zu orientieren, die für Landesmitgliederversammlungen gelten. So kann eine angemessene Vorbereitung der Delegierten gewährleistet werden.Landesmitgliederversammlung (LMV)
Die Landesmitgliederversammlung ist als Gremium mit der höchsten politischen Legitimation bei uns GRÜNEN in Hamburg weiterhin keine Delegiertenversammlung, sondern der Parteitag, bei dem alle Mitglieder Stimmrecht haben. Dies stellt uns als stark gewachsene Partei vor Herausforderungen in Form von erheblich gestiegenem Organisationsaufwand sowie hohen Kosten. Dennoch: Wir schätzen unsere LMV als grüne „Hamburgensie“, die unsere basisdemokratischen Werte unterstreicht, und wollen sie möglichst in dieser Form aufrechterhalten. Gleichzeitig muss klar sein, dass die Umsetzbarkeit bei weiterem Wachstum stetig evaluiert werden muss. Eine strukturelle Veränderung der LMV ist auch in Zukunft ohne breiten Parteiprozess und LMV-Beschluss nicht denkbar.Mitgliederabende & ThemenabendeWenn es kritische, aktuelle Themen gibt, lädt der Landesvorstand – bei Bedarf unter Einbindung der Bürgerschaftsfraktion und des Senats – zu parteiinternen Mitgliederabenden ein, bei denen offen über kontroverse Themen gesprochen werden kann. Dieses Format gewinnt an Bedeutung, da der Landesausschuss mittlerweile keine parteiinterne Versammlung mehr ist, sondern von der Presse zunehmend als relevanter Gegenstand für Berichterstattung wahrgenommen wird. Auch über kritische Themen hinaus haben viele Mitglieder den Bedarf, sich regelmäßig zu aktuellen Themen auf Landes- oder Bundesebene zu informieren und auszutauschen. Auch dafür hat der aktuelle Landesvorstand regelmäßig zu Mitgliederabenden eingeladen. Um die Bedeutung des klassischen Mitgliederabends nicht zu unterminieren, wird der Landesvorstand zu solchen Anlässen künftig zu „Themenabenden” einladen. Das Format des Themenabends hat Potenzial, noch regelmäßiger stattzufinden, insbesondere da dies durch digitale Sitzungen mittlerweile einfacher und niedrigschwelliger umsetzbar ist.

  • Zukunftswerkstatt / Denkfabrik

Das Format der Zukunftswerkstätten, Denkfabriken o.ä. dient der freien Entwicklung von Ideen und Programmansätzen, zugänglich für alle Mitglieder und insbesondere Ort für die Landesarbeitsgemeinschaften, ihre Expertise einzubringen. In der aktuellen Legislatur hat sich bewährt, offene Programmarbeit nicht kontextlos stattfinden zu lassen, sondern in Programmprozesse einzubinden. So hat der jetzige Landesvorstand Zukunftswerkstätten im Rahmen der Planwerkstatt 2030 organisiert, bei der auf verschiedenen Ebenen zu bestimmten Politikfeldern an unseren langen Linien gearbeitet wurde. Dieser Ansatz ermöglicht der Partei das programmatische Arbeiten ohne Denkverbote und stellt dabei gleichzeitig sicher, dass die Ergebnisse in konkrete Beschlusslagen münden, weshalb er so weiterverfolgt werden soll.

  • Regierungsprogrammprozess

Der Regierungsprogrammprozess, in dem wir als Partei in der zweiten Hälfte jeder Legislatur gemeinsam an den Inhalten für unser neues Regierungsprogramm arbeiten, ist mittlerweile ein fester und essenzieller Bestandteil unserer programmatischen Arbeit als Partei. Dabei haben sich Beteiligungsformate etabliert, die wir in Zukunft gesichert aufrechterhalten wollen:

  • Call for Ideas

Beim offenen Call for Ideas haben alle Parteimitglieder die Möglichkeit, ihre Ideen und Anregungen für das Regierungsprogramm in einer vorgegebenen Struktur einzureichen. Nicht selten ist auf diesem Weg das ein oder andere zentrale Wahlkampfthema aufgekommen.

  • Gremien-Einbindung

Im Rahmen der Gremien-Einbindung geht der Landesvorstand in alle Landesarbeitsgemeinschaften und weitere Gremien wie die GRÜNEN 60+ sowie die GRÜNE JUGEND, um anhand von konkreten Fragen systematisch Input für das Regierungsprogramm einzuholen.

  • Gremien-Austausch

Die quartalsweise stattfindenden Austauschformate zwischen Landesvorstand und jeweils LAG-Sprecher*innen, Kreisvorständen und GRÜNER JUGEND haben sich grundsätzlich bewährt. Gerade die LaVo-LAG-Treffen waren in der Vergangenheit jedoch teilweise nur spärlich besucht. Gleichzeitig gibt es regelmäßig den Ruf nach mehr Einbindung durch die LAGen. Die Verantwortung liegt hier auch bei den LAG-Sprecher*innen, vor Sitzungen aktiv rückzumelden, über welche Themen Austausch gewünscht ist und möglichst teilzunehmen. Im Umkehrschluss soll der Landesvorstand die Weitergabe essenzieller Informationen auch an verhinderte LAG-Sprecher*innen sicherstellen. Ziel des LaVo-LAG-Treffens ist ein Austauschkanal, der in beide Richtungen funktioniert und sowohl eine Einbindung der LAGen in die programmatische Arbeit des LaVos ermöglicht als auch Informationsfluss aus den LAGen und mittelbar den BAGen gewährleistet.

  • Cross-LAG-Projekte

Das Format der Cross-LAG-Projekte wurde etwa in Form des Koordinationskreises Klima verstetigt und weiter institutionalisiert. Durch feste Strukturen, in denen die Kompetenzen der verschiedenen thematisch betroffenen LAGen eingebunden sind, können interdisziplinäre Themen, die für uns von besonderer Bedeutung sind, parteiseitig besser programmatisch begleitet werden. Noch haben solche verstetigten Cross-LAG-Projekte jedoch keinen offiziellen Status. Der Landesvorstand wird deshalb beauftragt, einen Rahmen zu schaffen, um Koordinationskreisen einen offiziellen Satzungsstatus zu verleihen. Auch temporäre Kollaborationen zwischen mehreren LAGen sind weiterhin ausdrücklich erwünscht. Die Organisation der Vernetzung über die LaVo-LAG-Treffen hinaus erfolgt eigenverantwortlich durch die LAG-Sprecher*innen.

  • Asynchrone Kommunikation (Grüne Wolke)

Unsere Grüne Wolke, ein Cloud-Storage-System, wird bereits von vielen grünen Gremien verwendet, um Dateien zu teilen und Informationen weiterzugeben. Über die Grüne Wolke können zum Beispiel Protokolle parteiöffentlicher Gremien, Infomaterial zu Parteiprozessen oder auch wahlkampfrelevante Dokumente wie Argu-Hilfen allen Parteimitgliedern zur Verfügung gestellt werden. Der Landesvorstand soll diese Potenziale der Grünen Wolke zukünftig unter Berücksichtigung der effizienten Nutzung von begrenzten Personalressourcennutzen und ein Ordnersystem anlegen, das für alle Mitglieder des Landesverbandes zugänglich ist. Zusätzlich kann die Grüne Wolke auch stärker für den Informationsfluss den Gremien genutzt werden, etwa, indem die Ordner der LAGen für alle Sprecher*innen zugänglich gemacht werden.

Kommunikation grüner Erfolge

Insbesondere in Zeiten grüner Regierungsbeteiligung in Bund und Ländern kommt der Kommunikation politischer Erfolge und Kompromisse eine besondere Bedeutung zu. Dies gilt sowohl für die interne Kommunikation (Mitglieder, Mitarbeiter*innen, Ehrenamtliche) als auch für die Kommunikation nach außen im Hinblick auf die mediale Rezeption unserer Politik. Beide Kommunikationswege sind eng miteinander verknüpft.

Wir wollen deshalb künftig dafür sorgen, dass die Mitglieder stärker und regelmäßiger mit Erfolgen, Hintergründen und Argumenten versorgt werden. Das ist zentral, damit die Mitgliedschaft konkret eingebunden und in der Lage ist, sich zum Beispiel in den sozialen Medien gut informiert in die gesellschaftlichen Diskurse einzubringen.

Zu diesem Zweck wird über einen geeigneten Messenger-Dienst eine „Broadcast-Gruppe“ eingerichtet. Über diesen Messenger kann die Parteiführung die Mitglieder regelmäßig über Erfolge und Fortschritte in den grünen Behörden, der Bürgerschaftsfraktion und der Parteiarbeit informieren sowie Informationen aus der grünen Regierungsbeteiligung im Bund einbinden. Perspektivisch ist das Ziel, unsere Mitglieder per App zu erreichen, um den unterschiedlichen Informations und Beteiligungswünschen Rechnung zu tragen.

Kommunikation und Beteiligung in Krisensituationen

Insbesondere Krisensituationen hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die externen und internen Kommunikations- und Beteiligungsstrukturen noch unzureichend ausgestaltet sind. Für die Krisenkommunikation nach außen haben die Pressestellen der Bürgerschaftsfraktion, grüne Senatsseite und der Landesgeschäftsstelle einen Professionalisierungsprozess angestoßen, um künftig anhand klarer Leitlinien besser gewappnet zu sein. Der aktuelle Landesvorstand hat darüber hinaus bereits neue interne Strukturen angekündigt, die künftig konsequent umgesetzt werden sollen:

  • Sonder-Landesvorstandssitzungen

Die zweiwöchentlich stattfindenden Landesvorstandssitzungen reichen im alltäglichen Geschäft aus, damit der Landesvorstand wichtige Entscheidungen treffen kann. Um auch in dynamischen Krisensituationen im gesamten Landesvorstand Entscheidungen zu treffen und die Verantwortung nicht überproportional beim geschäftsführenden Landesvorstand zu belassen, braucht es in diesen Situationen noch konsequenter kurzfristig angesetzte Sonder-Landesvorstandsitzungen. Die Landesvorsitzenden beziehungsweise der geschäftsführende Landesvorstand haben aufgrund ihres häufig Wissensvorsprungs eine besondere Verantwortung, diese Sitzungen situationsbedingt einzuberufen. Auch die weiteren Mitglieder des Landesvorstandes stehen in der Verantwortung, Sonder-Landesvorstandssitzungen einzufordern, wenn sie auf kritische Themen oder auf drängende Probleme stoßen. Nicht in jeder Situation kann gewährleistet sein, dass die Landesvorsitzenden als Erste im Landesvorstand von aufkommenden Problemen .

  • Kurzfristige Schalten mit den Kreisvorsitzenden

Während der regelhafte Austausch zwischen Landes- und Kreisvorsitzenden gut funktioniert, hat der schnelle Austausch in Krisensituationen bisher zu unregelmäßig stattgefunden. Die Landesvorsitzenden sind angehalten, die Kreisvorsitzenden künftig kurzfristig zu digitalen Schalten einzuladen, um sie über kritische Themen zu informieren und sich auszutauschen. Dabei muss ressourcenschonend mit der Zeit der ehrenamtlich tätigen Kreisvorsitzenden umgegangen leichzeitig aber sichergestellt , dass ein wichtiger Austausch nicht erst stattfindet, wenn die Hütte brennt, sondern bereits dann, wenn sich schwierige Themen abzeichnen.

  • Kontakt Landesvorstandsmitglieder mit KVen/LAGen stärken

Es hat sich , dass alle sieben Landesvorstandsmitglieder Kontaktperson für einen Kreisverband und jeweils zwei bis drei Landesarbeitsgemeinschaften und weitere grüne Gremien sind. Das bedeutet nicht, an jeder Sitzung teilzunehmen, aber erfordert ein aktives aufeinander Zugehen von beiden Seiten, um einen direkten Austausch über aktuelle politische und organisatorische Probleme zu sichern. Die Landesvorstandsmitglieder haben sicherzustellen, dass der im Falle von auftretenden Problemen, Kritik oder Widerständen funktioniert und KVen bzw. LAGen über ihre Kontaktpersonen einen schnellen und funktionierenden Draht in den Landesvorstand vorfinden.

  • Schulungen Krisenkommunikation

Die Auseinandersetzung damit, wie wir mit Krisen umgehen, bevor eine solche eintritt, ist ein entscheidender Faktor für Erfolg Misserfolg des Krisenmanagements. Folgende Gremien sind deshalb angehalten, jeweils für ihre Führungspersonen entsprechende Schulungen anzubieten: der Landesvorstand, die Kreisvorstände, die Bürgerschaftsfraktion und die Bezirksfraktionen. Der Landesvorstand hilft bei der Vermittlung passender Fortbildungsangebote.

Kapitel 2: Spannungsfeld zwischen Partei und Fraktionen

Die Abgeordneten der grünen Bürgerschaftsfraktion wie auch der Bezirksfraktionen sind durch und für die Partei in das Landesparlament beziehungsweise die Bezirksversammlung gewählt. Damit geht grundsätzlich die klare Erwartungshaltung einher, dass die Abgeordneten ihr Mandat im Sinne der Partei ausfüllen und sich für grüne Programmatik einsetzen. Gleichzeitig gilt: Die Zeiten eines „imperativen Mandats”, bei dem Abgeordnete strikt im Sinne der Parteiposition abstimmen sollten, sind aus gutem Grund lange vorbei. Klar ist: Wir wollen gestalten! Dafür braucht es sowohl eine geregelte Zusammenarbeit unserer Abgeordneten in den Fraktionen als auch aller Wahrscheinlichkeit nach Koalitionen mit anderen Parteien.

Grünes Arbeiten in Regierungskoalitionen

Koalitionen sind Zweckbündnisse auf Zeit. Die Koalitionspartner stehen im Spannungsverhältnis von Wettbewerb und Kooperation. Grundlage für funktionierende Zusammenarbeit sind deshalb in Koalitionsverträge gegossene Kompromissvereinbarungen zu gemeinsamen politischen Projekten. Als GRÜNE legitimieren wir Regierungsbeteiligungen unserer Partei auf allen Ebenen mit der Zustimmung zu Koalitionsverträgen. Die Abgeordneten haben in diesem Rahmen die Legitimation der Partei, aber auch die Pflicht, sich für die Umsetzung des Koalitionsvertrages einzusetzen, diesen zu konkretisieren und in der täglichen parlamentarischen Arbeit mit Leben zu füllen.

Auch über Koalitionsverträge hinaus haben unsere Abgeordneten den Auftrag, sich für die Realisierung grüner Beschlüsse einzusetzen und unsere Programmatik voranzubringen.

Diese Zielsetzung muss mit dem Anspruch guten Koalitionsmanagements zur Sicherung ihrer Handlungsfähigkeit in den Ausgleich gebracht werden. Ein besonderes Spannungsfeld entsteht bei Parteibeschlüssen, die im Laufe der Legislatur auf den Weg gebracht wurden, insbesondere, wenn sie im Konflikt zu Vereinbarungen im Koalitionsvertrag stehen: Sie sind als Teil unserer grünen Programmatik grundsätzlich handlungsleitend für unsere Abgeordneten, können jedoch nicht als Auftrag zur Aufkündigung des Koalitionsvertrages und damit der Beendigung einer Koalition verstanden werden, wenn die Partei dies nicht explizit so beschließt.

Spannungsfeld Fraktionsdisziplin und freies Mandat

Damit unser parlamentarisches Regierungssystem funktioniert, braucht es verlässliche Mehrheiten im Parlament. Diese werden über die freiwilligen Zusammenschlüsse von Abgeordneten, die Fraktionen, organisiert. Denn nur durch die Bildung einer Aktionseinheit zwischen Regierung und Parlamentsmehrheit kann – im Kontrast zu präsidentiellen Demokratien – eine stabile Regierung gebildet werden. Das fraktionskonforme Abstimmungsverhalten hat in unserem System also einen hohen Stellenwert. Die dafür obligatorische Fraktionsdisziplin steht in einem Spannungsverhältnis zum verfassungsrechtlich festgeschriebenen freien Mandat der Abgeordneten.

Für uns ist die im Diskurs vorherrschende Meinung vom „freien Mandat des parteigebundenen Abgeordneten”3 handlungsleitend. Dahinter verbirgt sich das Rollenverständnis, dass Abgeordnete nicht isoliert von der – ebenfalls im Grundgesetz festgeschriebenen – Mitwirkung der Parteien an der politischen Willensbildung betrachtet werden können. Sie sind demnach Mandatsträger*innen, die Partei und Fraktion angehören und daher auch entsprechenden Bindungen unterliegen. Gleichzeitig sind die Bürgerschaftsabgeordneten durch Artikel 7 Abs. 1 Satz 2 der Hamburgischen Verfassung gegen einen absoluten Einfluss der Parteien und Fraktionen geschützt. Abgeordneten kann ihr Mandat aufgrund ihres Abstimmungsverhaltens nicht entzogen werden.

Für uns GRÜNE bedeutet das: Selbstverständlich gilt für uns auch in Fraktionen das in letzter Konsequenz freie Mandat. Gleichzeitig sehen wir Fraktionsdisziplin als nichts Anrüchiges, sondern als Grundlage, um als Regierungspartei ohne absolute Mehrheit gestalten zu können. Die Abgeordneten schließen sich freiwillig Fraktionen an, um ihre Schlagkraft und Durchsetzungsfähigkeit zu erhöhen. Wir erwarten von allen grünen Abgeordneten, dass sie ihr Mandat dementsprechend ausfüllen. Politik gegen die Werte unserer Partei und unseren Fraktionen kann es nicht geben.

Um die Zusammenarbeit aufrechtzuerhalten und zu gestalten, geben sich Fraktionen gemeinsame Regeln, die auch den freiwilligen Verzicht auf völlig freies, abweichendes Agieren und Abstimmen beinhalten. Unsere Fraktionen sind angehalten, dabei auch für den Umgang mit Gewissenskonflikten einzelner Abgeordneter bei Abstimmungen oder sonstigen Handlungen im Rahmen der Abgeordnetentätigkeit geordnete und vor allem faire Verfahren zu vereinbaren. Dabei ist ganz entscheidend: Es ist nicht Aufgabe der Partei, die Organisationsstruktur und Arbeitsweise unserer Fraktionen im Detail vorzugeben. Es ist Aufgabe der Fraktionen, insbesondere der Fraktionsvorstände, im Grundsatz die Wahrung der Fraktionsdisziplin im Sinne guten Koalitionsmanagements zu gewährleisten und mit angemeldeten Gewissenskonflikten einzelner Abgeordneter in den Ausgleich zu bringen. Die Fraktion hat über diese Verfahren Transparenz gegenüber der Partei herzustellen.

Spannungsverhältnis Amt und Mandat

Bei uns GRÜNEN in Hamburg ist es gelebte Praxis, dass dem Landesvorstand sowohl Mitglieder ohne Mandat angehören als auch Mitglieder, die ein Mandat in der Bürgerschaft, der Bezirksversammlung oder dem Bundestag haben. Durch die personelle Verknüpfung von Abgeordneten auf unterschiedlichen Ebenen verbessert sich die Kommunikation und Wissensweitergabe zwischen Partei und Bürgerschaftsfraktion sowie zwischen Landes-, Bezirks- und gegebenenfalls Bundesebene. So ermöglichen wir insbesondere in Regierungszeiten, dass der Landesvorstand der Aufgabe der Partei als Hüterin des Koalitionsvertrages tatsächlich nachkommen kann. Mandatsträger*innen im Landesvorstand haben die Verantwortung, die Verknüpfung in diesem Sinne auszufüllen. Gleichzeitig sehen wir einen großen Wert darin, dass dem Landesvorstand auch Mitglieder ohne Mandat angehören und diese somit aus alleiniger Parteiperspektive agieren können. Die Landesmitgliederversammlung hat in der Vergangenheit für einen guten Ausgleich beider Interessen gesorgt.

Damit bewegen wir uns in der Praxis auf dem Kurs der Bundespartei, die die Position der strikten Trennung von Amt und Mandat aus der Gründungszeit weiterentwickelt hat. Dieser Kurs wurde 2003 durch eine Urabstimmung unter allen grünen Mitgliedern beschlossen und mehrfach, zuletzt auf der Bundesdelegiertenkonferenz 2022, bestätigt.

Dass sich zu viel Macht auf einzelne Personen konzentriert, verhindern wir dadurch, dass Landesvorstandsmitglieder nicht gleichzeitig Mitglieder des Fraktionsvorstandes der grünen Bürgerschaftsfraktion oder Mitglieder des Senats sein sollen. Diese gelebte Praxis werden wir künftig in der Satzung verankern. Sollten Mitglieder des Landesvorstandes eine solche Position erlangen, haben sie eines der Ämter in einer Übergangsfrist von 8 Monaten niederzulegen.

Kapitel 3: Gute Zusammenarbeit der Landes- und Bezirksebene

Damit wir gute grüne Politik für Hamburg machen können, ist eine funktionierende Zusammenarbeit zwischen Landes- und Bezirksebene von großer Bedeutung. Denn gerade vor Ort in den Bezirken wird unsere Arbeit für die Menschen der Stadt direkt spürbar. Das gilt umso mehr, da wir in den letzten Jahren als Regierungspartei nicht nur auf Landesebene, sondern auch auf Bezirksebene stark gewachsen sind. Unsere sieben Bezirksfraktionen machen in unterschiedlichsten Konstellationen erfolgreich Politik. Wir sind als stärkste Kraft und als kaum kleinerer Koalitionspartner an stabilen Zweierbündnissen beteiligt, arbeiten erfolgreich als Partnerin in Dreierbündnissen und können auch mit wechselnden Mehrheiten stabil unsere Politik umsetzen.

Viele unserer Strukturen zur Zusammenarbeit zwischen Landes- und Bezirksebene haben sich bewährt. Dennoch kam es in der Vergangenheit bei bestimmten Entscheidungen immer wieder zu Konflikten zwischen einzelnen Bezirken und der Landesebene. Vor diesem Hintergrund lohnt es sich, einen erneuten Blick auf die Strukturen zu werfen und punktuell Anpassungen vorzunehmen. Dabei gilt es, die begrenzten Ressourcen der meist ehrenamtlich tätigen Mitglieder auf Bezirksebene zu berücksichtigen.

  • Kreisvorstände & Landesvorstand

Auf Parteiebene haben sich die quartalsweise stattfindenden Treffen zwischen Landes- und Kreisvorsitzenden etabliert, um relevante Abstimmungen zwischen den Gremien sicherzustellen. Diese werden künftig – wie im Abschnitt zur Krisenkommunikation ausgeführt – um digitale Sonderschaltungen bei besonders akuten, kritischen Themen ergänzt. Vor Bezirkswahlen sichert die Einsetzung einer Wahlkampfkommission die organisatorische Abstimmung zwischen Landes- und Kreisverbandsebene.

  • Einbindung grüner Bezirksamtsleitungen

Über die Einbindung der grünen Bezirksamtsleitungen in der GVB gibt es einen kontinuierlichen Austausch zwischen Verwaltung auf Landes- und Bezirksebene sowie mit Parteispitze und Fraktionsvorstand der Bürgerschaftsfraktion.

  • Einbindung Bezirksfraktionen

Zentraler Ort für die Abstimmung der Bezirksfraktionen untereinander mit der Landesebene sind die regelmäßigen Runden der Bezirksfraktionsvorsitzenden mit dem*der Fachsprecher*in für Bezirke in der Bürgerschaft und Vertreter*innen der Landesgremien. Dieser Kreis hat sich über mehrere Legislaturperioden als das geeignete Format bewährt, um einen Austausch zwischen den Bezirksfraktionen zu ermöglichen, die Bezirksfraktionen über politische Vorgänge auf der Landesebene zu informieren und Bedarfe der Bezirke für Akteur*innen der Landesebene zu besprechen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist auch die regelhafte Vertretung des Landesvorstandes, grünea Senatsseite und dem Fraktionsvorstand der Bürgerschaft notwendig. Die Teilnahme von Vertreter*innen dieser Landesgremien soll künftig wieder stärker forciert werden. Darüber hinaus hat sich in verschiedenen Ressorts auch der Austausch zwischen Fachsprecher*innen der Bürgerschaftsfraktion und der Bezirksfraktionen bewährt. Bürgerschaftsfraktion und Bezirksfraktionen sind angehalten, diesen Austausch – insbesondere dort, wo Landes- und Bezirksthemen ineinandergreifen – zu ermöglichen. Bei besonderen, Ebenen-übergreifenden politischen Herausforderungen hat sich in der Vergangenheit, wie etwa bei der Unterbringung von Geflüchteten, eine regelmäßig tagende AG aus Bezirksabgeordneten, Bürgerschaftsabgeordneten und Staatsrät*innen der Regierungsparteien bewährt. Dadurch bringen sich alle Beteiligten regelmäßig auf den gleichen Sachstand und können Problemlagen frühzeitig gemeinsam beraten. Dieser Weg empfiehlt sich für vergleichbare Situationen in der Zukunft.

Umgang mit dem Evokationsrecht

Der Hamburger Senat hat nach § 1 Abs. 4 des Verwaltungsbehördengesetzes ein sogenanntes Evokationsrecht. Das bedeutet, dass er „allgemein und im Einzelfall Weisungen erteilen und Angelegenheiten selbst erledigen [kann], auch soweit eine Fachbehörde oder ein Bezirksamt zuständig ist.“ Die Anwendung dieses Evokationsrechts wird in den allermeisten praktischen Fällen aus den Bezirken heraus angeregt. Wenn eine Bezirksverwaltung beispielsweise bei der Durchführung eines großen Stadtentwicklungsprojektes an die Grenzen ihrer Ressourcen stößt, kann die Bezirksversammlung den Senat bitten, dieses Projekt zu übernehmen. Dies passiert selbstverständlich auch nach Wunsch bzw. Willensbildung der dort regierenden Bezirksfraktionen mit dem Senat – somit am Ende eines einvernehmlichen Prozesses. Neben diesen Verfahren gibt immer wieder Evokationen, die der Senat aus gesamtstädtischer Perspektive gegen den mehrheitlichen Willen der Bezirksversammlung trifft.

Als Teil der Regierung kann die grüne Senatsseite Zustimmungen zu Evokationen verweigern. Für uns GRÜNE gilt dabei als ambitionierte Bezirke-Partei der Stadt: Eine Anwendung des Evokationsrechts gegen den Willen der betreffenden Bezirksfraktion soll nicht stattfinden. Bei strittigen Verfahren werden die Bezirksfraktionsvorsitzenden des betroffenen Bezirks regelhaft zur Erörterung des Sachverhaltes zur grünen Senatsvorbesprechung eingeladen. Ziel ist es, unter Vermittlung des geschäftsführenden Landesvorstandes möglichst Einvernehmen herzustellen.

1 Für einen funktionierenden Austausch der Fachabgeordneten der Bürgerschaft mit den jeweiligen LAGen stehen auch die LAG-Sprecher*innen in der Verantwortung, Sitzungstermine abzustimmen.

2 https://beschluss.gruene-hamburg.de/2012/01/31/mehr-kommunikation-bessere-beteiligung/

3 Die Definition ist unter anderem nachzulesen in:

  • Karsten, Hans-Hermann 1985): Möglichkeiten und Grenzen der Disziplinierung des Abgeordneten durch seine Fraktion: Fraktionsdisziplin, Fraktionszwang und Fraktionsausschluss. In: Zeitschrift für Parlamentsfragen, JG. 16, H 4, Seite 475
  • oder: Ismayr, Wolfgang (1985): Ansätze und Perspektiven einer Parlamentsreform. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, JG. 41, H. 50, Seite 41