Der Senat hat seinen Haushaltsplanentwurf 2013/2014 in die Bürgerschaft eingebracht. Die Haushaltsberatungen werden in den kommenden Monaten die politische Debatte in Parlament und Öffentlichkeit wesentlich mitbestimmen. Die Beratungen werden viele Schwächen und Kritikpunkte im Detail offenlegen und von der GRÜNEN Opposition kritisch begleitet werden. Schon zum jetzigen Zeitpunkt können wir aber eine grundsätzliche Bewertung des SPD-Entwurfs vornehmen.
Die Eckwerte dieser Planung nehmen Bezug auf die neu in der Verfassung verankerte Schuldenbremse, die wir mitverhandelt haben und mittragen. Die grundsätzliche Ausrichtung die Ausgaben des Gesamthaushalts mit maximal 1% nur moderat zu steigern, um mit dem durchschnittlichen Einnahmewachstum von 2,25% (=empirischer langfristiger Trend) das strukturelle Defizit schrittweise bis zum Ende des Jahrzehnts abzubauen wird von uns nicht in Frage gestellt. Was aber auf den ersten Blick solide daherkommt, entpuppt sich bei genauer Durchsicht als Budget voller Risiken, Mängel und Unehrlichkeiten. Insbesondere die städtischen Beteiligungen und der Personalhaushalt sind die Black Box dieses Entwurfs. Bei den Investitionen nimmt der Senat ein deutliche Absenkung vor und nimmt der Stadt damit die Innovationskraft. Die SPD beschränkt sich auf das Verwalten und bringt keine neuen Impulse für Hamburgs Zukunft.
Der Haushaltsentwurf 2013/2014 ist unter außergewöhnlich günstigen Rahmenbedingungen entstanden: Das Zinsniveau ist auf einem historischen Tiefstand, außerdem sprudeln die Steuereinnahmen dank der Konjunktur verhältnismäßig stark. Da sich diese Lage schnell ändern kann, darf man folgende Risiken nicht übersehen:
Große Risiken stecken beispielsweise in der städtischen Holding HGV. Die Beteiligungen der Stadt werden immer mehr zur Belastung für den Haushalt, denn der Verlustausgleich für die HGV steigt steil an. Ein hochriskantes Geschäft bleibt der Zukauf von Hapag-Lloyd-Anteilen. Offiziell rechnet der Senat noch mit einer Dividende, seit Anfang August scheint aber klar, dass diese mindestens 2013 nicht fließen wird. Die Zinsen für die Hapag-Kredite belasten also – anders als vom Bürgermeister versprochen – direkt den Haushalt. Das Ausfallrisiko beträgt insgesamt 35 Mio. Euro jährlich. Insbesondere vor dem Hintergrund des schon vorhandenen Risikos mit der HSH-Nordbank ist diese Risikoausweitung durch Unternehmensbeteiligungen jenseits der Daseinsvorsorge eine falsche Strategie, denn sie potenziert die Risiken der volatilen Schifffahrtsbranche, die sich quasi zweifach über die HSH-Nordbank und Hapag Lloyd drohen niederzuschlagen.
Eine Weichenstellung, die Hamburg aufs Abstellgleis führt, nimmt der Senat bei den Investitionen vor. In den Jahren 2008 bis 2011 hat die Stadt aus dem Kernhaushalt im Schnitt 1,23 Mrd. Euro investiert. In den kommenden Jahren sinkt diese Summe deutlich ab auf nur noch 850 Mio. Euro jährlich. Das bedeutet eine Verringerung um 30 Prozent. (Bei dieser Rechnung steht das Schulsanierungsprogramm außen vor, dies ist mit einem Gesamtvolumen von bis zu 3 Mrd. € für das gesamte Jahrzehnt aber schon unter unserer Regierungsbeteiligung auf den Weg gebracht worden.) Da einerseits anteilig die Ausgaben für Sanierung – von einem immer kleiner werdenden Investitionskuchen – eher bevorzugt werden sollen und andererseits die Hafeninvestitionen wieder voll auf den Haushalt gewälzt werden, schmelzen die Chancen für Neuinvestitionen dramatisch ab.
Die größte Unehrlichkeit steckt im Personalhaushalt, und zwar bezogen auf die gesamte Bandbreite der öffentlichen Verwaltung. Der Senat hat entschieden, keine zentrale Vorsorge mehr für Tarifabschlüsse zu treffen. Das bedeutet, dass 2013 und 2014 ein noch verschleierter aber massiver Personalabbau in den einzelnen Behörden ansteht. Denn Bürgermeister Scholz hat gegenüber den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften schriftlich garantiert, den zukünftigen TdL-Tarifabschluss auf den Beamtenbereich zu übertragen. Im Budget einkalkuliert ist aber lediglich eine Lohnsteigerung von 1,5 Prozent pro Jahr. Die aktuellen Abschlüsse für Bund und Kommunen sind doppelt so hoch. Das zusätzliche Haushaltsrisiko aus dem kommenden Tarifabschluss beträgt allein für den Kernbereich der Verwaltung 55 Mio. Euro pro Jahr. Dies bedeutet, z. B. ein Einsparvolumen für den Haushalt der Schulbehörde von 20 Mio. € (Größenordnung von 400 (Lehrer-)Stellen) oder für die Universität bezogen auf den Doppelhaushalt knapp 10 Mio €, was dem Streichen von 31 Lehrstühlen inklusive Ausstattung entspräche. Damit wird klar, dass dies keine Peanuts sind. Klar ist aber auch, dass sich diese allgemeinen Tarifsteigerungen auch im Zuwendungsbereich niederschlagen werden, dass bedeutet, dass z. B. auch in der Kita, in der Kultur und dem Sozialbereich harte Einschnitte bevorstehen, für die der Senat am Liebsten keine Verantwortung übernehmen will.
Wir Grüne werden in den laufenden Haushaltsberatungen, die Konsequenzen dieser Planungen genau analysieren und Gegenvorschläge unterbreiten, wo grobe Ungerechtigkeiten gemacht oder falsche Prioritäten gesetzt werden. Dies erfordert auch auf unserer Seite das Erarbeiten von Gegenfinanzierungen, um finanzpolitisch glaubwürdig zu bleiben, dem stellen wir uns. Beispiele, die sofort ins Auge stechen, stellen für uns die willkürliche und schlecht begründete 10%ige Kürzung in der Kinder- und Jugendhilfe dar ebenso wie das Herunterkürzen der Klimaschutzprogramme. Nicht aufgehen werden zudem die Aufgabenverlagerungen in die Bezirke ohne diese mit entsprechenden Ressourcen zu begleiten. Weitere Punkte werden jetzt herausgearbeitet werden und im Rahmen eines alternativen Schwerpunktprogramms Ende des Jahres in der Bürgerschaft unterbreitet.
Die Bezirke werden durch die Vorgaben des SPD Senats derzeit gezwungen bürgernahe Dienstleistungen auf den Prüfstand zu stellen und Leistungseinschränkungen zu planen. Auch erscheint der Fürsorgeauftrag der bezirklichen Jugendämter für Kinder und Jugendliche und die dort notwendigen Verbesserungen, wie z.B. durch Einführung von Fallobergrenzen, unter diesen Rahmenbedingungen gefährdet zu sein. Eine kritische öffentliche Aufgabendiskussion über die Ausgaben in den Fachbehörden und insbesondere die Prüfung inwieweit interne Hierarchieebenen in der Verwaltung der Fachbehörden reduziert werden können sind aus unserer Sicht ebenfalls dringend erforderlich.
Neben der kritischen Diskussion über die Ausgabensenkungen ist aber dringend. eine Debatte um mögliche Einnahmeerhöhungen erforderlich. Wir wissen daher wie wichtig das Ergebnis der Bundestagswahlen 2013 auch für die Länderhaushalte ist, um die steuerlichen Rahmenbedingungen zu ändern. Nach unserem Verständnis braucht es eine gerechtere Verteilung, die die Wohlhabenden ein Stück stärker in die Pflicht nimmt als bisher. Wir Grüne setzen uns ein für eine einmalige Vermögensabgabe, für eine Erhöhung der Erbschaftssteuer und einen höheren Spitzensteuersatz. Die Grünen in Hamburg beteiligen sich daher am lokalen Bündnis „umFAIRteilen – Reichtum besteuern“.
Unter dem Strich bleibt die Erkenntnis heute: Trotz sehr günstiger Rahmenbedingungen setzt die SPD auf das pure Verwalten. Sie kürzt auf ungerechte Weise, geht andererseits hohe Risiken wie bei Hapag-Lloyd ein und fährt gleichzeitig die Investitionen drastisch zurück. Dieser Haushaltsplan ist alles andere als ein Zukunftsprogramm für Hamburg.
Hinweis: Die Bürgerschaftsfraktion hat dem Landesvorstand zugesagt, den weiteren Verlauf der Haushaltsberatungen unter Einbeziehung der Partei zu begleiten. Dazu wird die Bürgerschaftsfraktion eine Übersicht der Beratungstermine in den Ausschüssen und die zuständigen AnsprechpartnerInnen zur Verfügung stellen. Die Abgeordneten freuen sich über Hinweise und Rückmeldungen von Mitgliedern zu ihren jeweiligen Einzelplänen.
Der Landesausschuss bittet die zuständigen Fachabgeordneten in den jeweils zuständigen LAGen den Haushaltsentwurf für den betroffenen Fachbereich zu erläutern und mit den LAGen zusammen mögliche Hinweise für sinnvolle strukturelle Änderungen zu sammeln.
Der Landesvorstand wird das Thema Haushalt in geeignetem Maße in die Beratungen der Landesmitgliederversammlung am 4.11. integrieren. Zudem bietet sich ggf. an, vor Abschluss der Haushaltsberatungen den Landesausschuss Anfang Dezember für eine Aussprache zu nutzen. Parallel dazu wird das Thema Haushalt regelmäßig in den dafür zuständigen LAGen (vor allem der LAG Wirtschaft und Finanzen) behandelt.