BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Landesverband Hamburg, sprechen sich gegen eine weitere Öffnung der Ladenzeiten in Hamburg aus. Insbesondere sprechen wir uns gegen Bestrebungen aus, weitere verkaufsoffene Sonntage zu ermöglichen.
Begründung:
Anlass:
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Im Juli 2013 plädieren u.a. Handelskammer und HafenCityGmbH für mehr Sonntagsöffnungen in der Hafencity als Mittel gegen Geschäftsaufgaben im Quartier. Bei Grünen und SPD gibt es unterschiedliche Zustimmung, bzw. Ablehnung zu einem Testversuch. FDP, CDU und Tourismuschef sind dafür.
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Im August 2013 geht die Handelskammer weiter und fordert eine Neuregelung und mehr Gestaltungsspielraum bei der Auswahl der verkaufsoffenen Sonntage, u.a. auch in der Adventszeit. Statt der 4 bisher zugelassenen Sonntagen, auf denen sich die Bezirke einigen müssen, solle es 3 Sonntage geben, an denen die Läden stadtweit geöffnet sind, und drei weitere, die die Bezirke frei wählen dürfen. Citymanagerin und FDP Fraktion unterstützen die Initiative. Grüne und SPD sind für die Beibehaltung der geltenden Regeln.
Gesetzliche Grundlagen:
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Die Sonntagsruhe ist nach Art.139 der Weimarer Reichsverfassung vom 11.8.1919, der gemäß Art.140 GG Bestandteil des Grundgesetzes ist, grundgesetzlich geschützt. Der Sonntag ist Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung, heißt es dort. Eine Abschaffung oder eine den Sonntag in dieser Funktion grundsätzlich in Frage stellende Regelung ist somit mit dem Grundgesetz nicht vereinbar und entzieht sich daher einer grundsätzlichen Neuregelung durch die Landesparlamente.
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Das Arbeitszeitgesetz verbietet die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen und regelt die Ausnahmen
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Das Hamburger Gesetz zur Regelung der Ladenöffnungszeiten besagt in §8:
„Verkaufsstellen dürfen aus Anlass von besonderen Ereignissen an jährlich höchstens vier Sonntagen geöffnet sein. Diese Tage werden vom Senat … durch Rechtsverordnung freigegeben. Bei der Freigabe kann die Offenhaltung auf bestimmte Gebietsteile und Handelszweige beschränkt werden. Der Zeitraum, während dessen die Verkaufsstellen geöffnet sein dürfen, ist anzugeben. Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muss spätestens um 18.00 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen. Sonntage im Dezember, Adventssonntage, Ostersonntag, Pfingstsonntag, Volkstrauertag, Totensonntag sowie besondere Feiertage (nach §2,2) dürfen nicht freigegeben werden“
Ausnahmen im öffentlichen Interesse kann die zuständige Behörde zeitlich befristet bewilligen und jederzeit widerrufen.
§7 regelt die Öffnungszeiten in Ausflugs- und Erholungsgebieten mit besonders starkem Fremdenverkehr. Danach dürfen nur bestimmte Waren an höchstens 40 Sonntagen im Jahr bis zur Dauer von 8 Stunden am Tag angeboten werden. Rücksicht auf die Zeit des Hautgottesdienstes und keine Offenhaltung an Oster- oder Pfingstmontag oder Zweiten Weihnachtstag sind Teil der Bestimmung.
Hilfreich ist die Erinnerung an die Volksinitiative „Sonntag ist nicht alle Tage“ 2002 von ev. und kath. Kirche und ver.di und DGB, die von der GAL auch in der Bürgerschaft unterstützt wurde.
In der Begründung heißt es u.a.: -
Der Sonntag ist Tag der gemeinsamen Ruhe, ein Tag für Gott und den Gottesdienst, er ist uns heilig.
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Die Sonntagsöffnung für den Verkauf würde den Lebensrhythmus der Menschen und der Stadt grundlegend verändern und die Arbeitsbedingungen für alle. -Der Mensch ist keine Maschine sondern braucht einen Tag der Muße und Besinnung. Der Sonntag ist ein hohes kulturelles Gut für alle Menschen.- Der Markt darf nicht zum Götzen werden. Die Wirtschaft soll den Menschen dienen, nicht umgekehrt. -Der total flexibilisierte Mensch, die Rund-um –die-Uhr- Gesellschaft und ein Leben im Renditetakt sind keine erstrebenswerte Ziele. -Der Sonntag gibt uns Struktur, Zusammenhalt und Schutz. Für Gläubige bedeutet er Gottes Gebot und Segen, für alle Menschen einen großen Wert.
Balance von Arbeit und Besinnung
„Die Regel des Heiligen Benedikt, 1500 Jahre alt, ist höchst weise und kommt noch aus der griechischen und römischen Tradition Sie versucht das Alleinsein des Mönchs mit seinen Kontakten in Ausgleich zu bringen. Im Sinne von ora et labora- bete und arbeite- soll er kontemplative Zeiten mit Zeiten der Arbeit verbinden. Diese Regel hat Europa geprägt. Sogar Atheisten gehen heute für ein oder zwei Wochen Auszeit ins Kloster und versuchen, in diesem benediktinischen Tagesablauf zur Ruhe zu kommen.“ „Wir sollten wieder Zeiten finden, in denen wir zwecklos oder, wie man früher sagte, `müßig` leben. Wir arbeiten, um Muße zu haben, hat Aristoteles gesagt, denn in der Muße liegt das Glück“ (Manfred Lütz, Psychiater und Theologe, im HA 31.8.2013, S.6)
Gemeinsame Zeit
„Die neoliberale Politik hat sämtliche Zeitformen zerstört, die der Logik der Effizienz und des Kapitals im Wege stehen. Dies macht krank und zerstört die Seele. Deshalb brauchen wir eine andere Zeit. Die Zeit als Gabe.“
„Notwendig ist heute nicht eine Entschleunigung, sondern eine Zeitrevolution…Die Zeit, die sich beschleunigen lässt ist eine Ich-Zeit. Sie ist die Zeit, die ich mir nehme. Es gibt eine andere Zeit, nämlich die Zeit des Mitmenschen, eine Zeit, die ich ihm gebe… Im Gegensatz zur Ich-Zeit, die uns isoliert und vereinzelt, stiftet die Zeit des Anderen die Gemeinschaft, ja die gemeinsame Zeit. Sie ist die gute Zeit.
( Byung-Chul Han, Philosoph und Kulturwissenschaftler an der Uni der Künste in Berlin, in der Philosophiebeilage der ZEIT , Juni 2013,Nr. 25, S.68)
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