Der Landesausschuss der GAL Hamburg hat am 26. Oktober 2004 den Beschluss über den Docknachfolgeprozess „Ökologisch-moderne, soziale Politik für die Metropole Hamburg“ gefasst. Der in der Zwischenzeit in „Hamburg 2020 – kreativ – sozial – neue Jobs“ unbenannte Prozess sollte insgesamt vier Kernthemen in zeitlich befristeten Projekten bearbeiten, um die GAL Hamburg in diesen Themenfeldern neu positionieren zu können.
Prozessstand
Die vier Felder, auf die sich der Landesausschuss damals festgelegt hatte, waren (1) Zusammenleben der Generationen in der Großstadt, (2) „Sozial ist nicht egal“ – Armut in Hamburg, (3) Mehr Jobs in Hamburg – die Chancen einer globalisierten Wissensgesellschaft nutzen und (4) Internationalität und Sicherheit – wir wollen beides! Analog zum Dock 2005 Prozess sind ProjektkoordinatorInnen und eine Steuerungsgruppe eingesetzt worden, um die Bearbeitung der Themen inhaltlich und zeitlich sicher zu stellen. Den Auftakt machte dabei das Themenfeld „Zusammenleben der Generationen in der Großstadt“ auf der LMV am 13. 11. 2004.
Aufgrund der vorzeitigen Bundestagswahl und der damit verbundenen zeitlichen Belastung wurde die Weiterführung des Hamburg 2020 Prozesses Ende Mai 2005 unterbrochen und ist nach der Wahl zunächst nicht wieder aufgenommen worden. In Folge der zeitlich versetzten Startphase befinden sich die Projekte darüber hinaus in unterschiedlichen Bearbeitungsständen. Insbesondere die Arbeitsgruppe mit dem Themenfeld ‚Zusammenleben der Generationen in der Großstadt’ ist vergleichsweise fortgeschritten und hat sich mit (1) Zusammen-Wohnen, (2) Zusammen-Arbeiten und (3) Zusammen-Lernen drei Arbeitsschwerpunkte gesetzt. Die Arbeitsgruppe ‚Sozial ist nicht egal’ – Armut in Hamburg hatte ihre Arbeit zwar aufgenommen, hat diese aber schon im Anfangsstadium wieder ruhen lassen. Die Arbeitsgruppen Mehr Jobs in Hamburg und Internationalität und Sicherheit hatten ihre Arbeit hingegen noch nicht aufgenommen.
Leitlinien für die weitere Arbeit
Aufgrund der vorgezogenen Bundestagswahl und der damit verbundenen Unterbrechung wird der ursprünglich vereinbarte Zeitplan für den Hamburg 2020 Prozess nicht mehr zu halten sein. Im Sommer 2007 – in eineinhalb Jahren – müssen die programmatischen Arbeiten im Prinzip abgeschlossen sein, damit die GAL im Vorfeld der Bürgerschaftswahl 2008 gut aufgestellt ist. Der Landesvorstand sieht daher eine Straffung des weiteren programmatischen Prozesses für dringend geboten an.
Die programmatische Arbeit der GAL in den nächsten eineinhalb Jahren muss allerdings nicht nur aufgrund der zeitlichen Komponente, sondern auch vor dem Hintergrund der inhaltlichen Arbeit von Partei und Fraktion seit Oktober 2004 neu bewertet werden. Dabei wurden z.B. mit den Projekten ‚Bewegte Stadt’, ‚Kreative Potentiale’, ‚Hafen und Mehr’ und ‚Wahlrechts- und Strukturreform’ wichtige Projekte angestoßen, deren Existenz und erfolgreicher Abschluss in der weiteren Prozessplanung von grundlegender Bedeutung sind.
Der weitere Arbeitsprozess der GAL Hamburg muss nach Ansicht des Landesvorstandes unter der Überschrift ‚Warum sollen die Hamburgerinnen und Hamburger bei der Bürgerschaftswahl 2008 GAL wählen?’ geführt werden. Daraus ergeben sich für den weiteren Arbeitsprozess zwei konkrete Konsequenzen:
(1) In allen Themenfeldern muss eine inhaltliche Zuspitzung der Themen erfolgen, um konkrete Forderungen aufstellen zu können.
(2) Die möglichst frühe Entwicklung eines Leitbilds der GAL für Hamburg, um unsere Vision der Stadt in der politischen Auseinandersetzung positiv zu formulieren.
Schließlich sollen die bisherigen Ergebnisse bzw. zum Teil auch die Themen des Hamburg 2020 Prozesses – dabei insbesondere die der Projektgruppe ‚Zusammenleben der Generationen in der Großstadt’ – in die weitere inhaltliche Arbeit einfließen, indem an die Vorarbeit von Partei und Fraktion z.B. im Bildungssektor angeknüpft wird und das Thema dort als zusätzliches Element eingebracht werden soll.
Weiterer Prozess
Basierend auf den oben skizzierten Leitlinien soll die programmatische Arbeit der GAL bis Sommer 2007 im Wesentlichen auf zwei Säulen fußen, die ihre Einteilung aufgrund des zeitlichen Umsetzungsstandes der einzelnen Projekte erfahren haben. Die Säule I besteht größtenteils auf bereits beschlossenen und in der Partei und Öffentlichkeit gut verankerten programmatischen Bausteinen. Die Säule II umfasst die Fraktionsprojekte ‚Bewegte Stadt’ und ‚Kreative Potentiale’ sowie die Parteiprojekte ‚Hafen & Mehr’, ‚Soziale Gerechtigkeit’ und ‚Wahlrechts- und Strukturreform’.
Säule I
Als Grundlage und Ausgangsbasis dient der Hamburger GAL die intensive Vorarbeit aus Partei (Dock 2005 Prozess) und Fraktion. Insbesondere der Beschluss zum Thema Bildung ist in der Partei und Öffentlichkeit bereits gut verankert. Hinzu kommen die beiden Fraktionsprojekte ‚Formel Vielfalt’ (Integration) und ‚Neue Energien für neue Jobs“, an denen die inhaltliche Arbeit weitgehend abgeschlossen ist und die nun in Partei und Öffentlichkeit noch stärker verankert und zugespitzt werden müssen.
Säule II – ‚in Arbeit’
Projekt Wahlrechts- und Strukturreform – Federführung Partei:
Die Arbeit der Projektgruppe Wahlrechts- und Strukturreform befindet sich bereits in einem fortgeschrittenerem Stadium. Das letzte Treffen ist für den 5. Mai 2006 anberaumt. Danach wird ein Abschlussbericht mit politischen Empfehlungen insbesondere im Zusammenhang mit dem neuen Wahlrecht formuliert werden. Dieser Bericht wird in den Bezirken und der Bürgerschaftsfraktion zur Diskussion gestellt und abschließend auf dem Landesausschuss im September 2006 befasst.
Projekt Bewegte Stadt – gesund, sicher, mobil – Federführung Fraktion:
Insgesamt sollen bei dem Projekt ‚Bewegte Stadt’ die Bereiche Verkehr, Stadtentwicklung, Umwelt, Gesundheit und Hafen einbezogen werden. Ziel ist die Vereinbarkeit von Mobilität und Lebensqualität in Hamburg.
Die Lebensqualität in unseren Städten wird in starkem Maße beeinträchtigt von den Auswirkungen der mobilen Gesellschaft. Wir leben nach wie vor im Zielkonflikt zwischen autogerechter und menschenfreundlicher Stadt. Dabei ist Mobilität ein wichtiger Bestandteil der Lebensqualität in der Stadt. Gleichzeitig ist die Stadt der Ort, an dem die negativen Auswirkungen der geballten Verkehre die Lebensqualität und die Gesundheit am meisten beeinträchtigen, vor allem durch Lärm, Luftverschmutzung, Flächenverbrauch, Unfälle und Bewegungsarmut. Diese Belastungen be- oder verhindern ein angenehmes Leben in der Stadt. Wir wollen die Bewohner/innen hier halten und die soziale Mischung der Stadt sichern. Dazu müssen wir die urbane Lebensqualität steigern und mit den Ansprüchen an moderne Mobilität in Einklang bringen.
Ziel ist die Entwicklung der Vision einer kompakten und lebendigen Metropole, in der hohe Mobilität mit hoher Lebensqualität einhergeht. Wir wollen erreichen, dass Wohnen und Arbeiten in der Stadt gesund, sicher und angenehm ist. Hauptansatzpunkt innerhalb dieses Projekts ist dazu die Reduzierung der negativen Auswirkungen des Verkehrs auf Mensch und Umwelt. Zur Umsetzung der Vision wird ein Handlungskonzept entwickelt, das negative Auswirkungen auf die Wirtschaft vermeidet. Eventuelle Widersprüche werden benannt und Möglichkeiten zur Auflösung der Differenzen entwickelt. Im Laufe dieses Prozesses besetzt die GAL in der öffentlichen Debatte Positionen und prägt Begriffe, die zukünftig mit der GAL assoziiert werden.
Projekt Kreative Potentiale – Federführung Fraktion:
Aktuelle Erkenntnisse der Stadtsoziologie und –ökonomie zeigen: Der wirtschaftliche Erfolg von Städten und Regionen ist heute zunehmend davon abhängig, die Kreativität von Menschen zu entfalten. Gegenwärtig verändert sich der Schwerpunkt der Wertschöpfung von dienstleistungs- zu den kulturbasierten Produktionsprozessen. Mit dem Ausbau der Informationstechnologien wurde das Wissen, die Erfindung neuer Symbole und Formen, die kreative Leistung selbst zum wichtigsten Gegenstand der gesellschaftlichen Arbeitsprozesse und zum Hauptfaktor für Produktivitätsfortschritte. Aktuell nimmt die Zahl der wissensbasiert und kreativ Tätigen in den entwickelten Ländern überall zu.
Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Richard Florida identifiziert drei Faktoren, die für die Zunahme kreativer Potenziale und wirtschaftliches Wachstum einer Region verantwortlich sind:
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Technology, das meint das Vorhandensein von High-Tech-Branchen.
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Talents, womit gemeint ist: ein hoher Anteil gut ausgebildeter Menschen und
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Tolerance, d.h. die Akzeptanz unterschiedlicher Lebensformen, ethnischer Herkünfte und kultureller Neuerungen.
Auf allen Feldern Technologie, Talente und Toleranz hat Hamburg Stärken, die den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Erfolg begünstigen, aber auch Schwächen, die ihn hemmen. Es müssen Handlungsoptionen erarbeitet werden, die Hamburgs Chancen als Zentrum kreativen Schaffens nutzen. Die Entwicklung zur Kreativ- und Wissensdienstleistungsgesellschaft birgt auch Risiken: In den Kreativbranchen und in den zuarbeitenden Dienstleistungszweigen ist eine Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse zu verzeichnen. Das Projekt muss aufzeigen, wie vor diesem Hintergrund nicht eine Elite, sondern eine Vielzahl von Menschen in die Lage gebracht wird, die individuellen kreativen Möglichkeiten zu nutzen.
Die Projektgruppe „Kreative Stadt“ hat ein Thesenpapier erarbeitet, das auf einen Klima- und Mentalitätswandel in der Stadt abzielt: Statt immer wieder auf die alten Erfolgsfelder Handel und Hafen zu setzen, muss zukünftig die Kreative Stadt in den Mittelpunkt der Politik gerückt werden. Erfolgversprechender als Investitionen in Kaimauern ist die Förderung von Menschen – also Schwerpunktsetzung in Bildung, Hochschule, Kultur und Integration.
Projekt Hafen & Mehr – Federführung Partei:
Das Projekt „Hafen & Mehr“ soll Konflikte des boomenden Hafens und der von ihm verursachten Hinterlandverkehre mit Umweltbelangen und Stadtentwicklungsprojekten aufzeigen und eine grüne Position zu den verschiedenen Projekten entwickeln.
Elbvertiefung, Ausbau der Eisenbahninfrastruktur und des Autobahnnetzes (Hafenquerspange und A 26), konkurrierende Platzbedürfnisse des boomenden Containerumschlages und Stadtentwicklungsprojekte wie ‚Sprung über die Elbe’, Entwicklung des Harburger Binnenhafens und des kleinen Grasbrooks, Moorburg als Hafenerweiterungsgebiet sowie Ausbau der Oberelbe zu einer Binnenwasserstraße sind die Stichworte. Diese Projekte werden z.T. von den Grünen aus unterschiedlichen Politikfeldern wie Wirtschaft, Verkehr, Stadtentwicklung und Umwelt unterschiedlich bewertet, so dass die GAL in diesen Bereichen nur eingeschränkt sprechfähig ist. Für diese Probleme müssen ressortübergreifende Lösungen gefunden werden.
Angestoßen wurde das Projekt auf Initiative der LAGen Naturschutz, Verkehr und Wirtschaft, die einen Klärungsauftrag beim Landesvorstand beantragt haben. Die bisherige Arbeit des Projektes hat gezeigt, das dieser komplexe und konfliktbeladene Prozess durch die LAGen schwer zu bewältigen ist. Der Landesvorstand plant den Prozess auf einer Auftaktveranstaltung am 27.04.2006 zusammen mit den LAGen und den betroffenen Fachsprechern der Bürgerschaftsfraktion neu zu starten und mit organisatorischer Hilfe vom Landesvorstand moderieren zu lassen. Die Problemklärung soll bis Ende dieses Jahres erfolgen, damit die GAL rechtzeitig vor der Wahl klare Positionen hat und um zu verhindern, dass bei der Erarbeitung auftretenden Diskussionen und Konflikte vom politischen Gegner in der Vorwahlkampfzeit gegen die GAL genutzt werden könnten.
Projekt Soziale Gerechtigkeit – Federführung Partei:
Dieses – auch im Hamburg 2020 Prozess bereits kurz bearbeitete Feld – soll im Zuge einer ganztägigen Regionalkonferenz bearbeitet werden. Sie soll die Debatte für den Grünen Zukunftskongress in den Bereichen Arbeit und Soziales vorbereiten und unter starker Berücksichtung der Situation in Hamburg zusammen mit externen Experten am 02. Juli stattfinden. Neben der Vorbereitung des Zukunftskongresses ist es dabei das ausdrückliche Ziel dieser Konferenz, die GAL als Gestaltungsfaktor in Hamburg in den Bereichen Arbeits- und Sozialpolitik weiterzuentwickeln und die Vernetzung mit anderen Akteuren in diesen Bereichen herzustellen. Unter dem Arbeitstitel ‚Grüner Blick nach vorne – Gerechtigkeit, soziale Teilhabe und Arbeit der Zukunft’ sollen in Abstimmung mit den zuständigen Aktiven in der GAL folgende Themenfelder diskutiert werden: Neue Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft, Armut in der reichen Stadt Hamburg, Grüne Perspektiven für die Arbeit der Zukunft (als Inputreferate), sowie „Die neue soziale Frage – arme Kinder und arme Jugendliche, wen und was brauchen sie?“, „Chancen von Männern und Frauen: Das Alleinverdienermodell hat ausgedient“, „Welche (aktive) Arbeitsmarktpolitik hilft (Langzeit-)Arbeitslosen? Gibt es neue Jobs nur in Dienstleistungsmärkten?“, „Grundsicherung, Mindestlohn, Investivlohn – Womit sicher in die Zukunft?“ (Im Rahmen von Workshops).
Die Ergebnisse sollen auf einem Markt der Möglichkeiten gesichert und präsentiert werden. Abschließend werden in einer Gesprächsrunde die politischen Konsequenzen und Handlungsschritte für die GAL festgehalten.
Petitum
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Der Landesausschuss spricht sich dafür aus, dass der Prozess ‚Hamburg 2020 – kreativ – lebendig – neue Jobs’ in seiner bisherigen Form nicht mehr weitergeführt wird.
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Der Landesausschuss beschließt folgende Schwerpunkte für die inhaltliche Arbeit der GAL Hamburg bis Sommer 2007: ‚Hafen & Mehr’, ‚Soziale Gerechtigkeit’, Kreative Potentiale’, ‚Bewegte Stadt’ und ‚Wahlrechts- und Strukturreform’.
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Der Landesausschuss erwartet, dass die Konzepte zur Bildung („9 macht klug“), Energiepolitik („Neue Jobs durch neue Energien“) und Integrationspolitik („Formel Vielfalt“) politisch zugespitzt werden und durch den Landesverband und die Bezirke in geeigneter Form in Partei und Öffentlichkeit verankert werden.
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Der Landesvorstand wird beauftragt, die inhaltliche Zuspitzung der Schwerpunktthemen einer Beschlussfassung der Landesmitgliederversammlung oder eines Landesausschusses zuzuführen. Dabei sollten die inhaltlichen Kontroversen auch dargestellt werden.
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Der Landesausschuss beauftragt den Landesvorstand, ein Leitbild für grüne Politik in Hamburg zu entwickeln und breit in der Partei diskutieren und beschließen zu lassen.
Einstimmig beschlossen durch den Landesausschuss am 25. April 2006.